Die Astra 2000 "Cub"
Parallel zum Modell 200, das ausschließlich im Kaliber 6,35 mm Browning angeboten wurde, präsentierte Astra ab 1954 das Modell 2000 - ab 1955 auch "Cub" genannt - zunächst im Kaliber .22 kurz und mindestens ab 1955 auch im Kaliber 6,35 mm Browning.
Beim Modell 2000 handelt es sich um eine klassische spanische Taschenpistole aus Schmiedestahl (ab 1980 Feinguss, um SN 1.000.000) mit Eibar-Sicherung und außenliegendem Hahn. Es wurden zudem wenige Pistolen (286 Stück) aus Edelstahl gefertigt Die "Cub" besitzt eine Magazinsicherung, der Magazinhalter ist als Druckknopf in der linken Griffschale versenkt.
Im Verlauf der Produktion wurden einige Änderungen vorgenommen. So waren die Griffschalen zunächst aus schwarzem Kunststoff mit Astra-Logo und darüber der halbrunden Aufschrift "Mod 2000". 1955 kam dann noch ein diagonales Banner "Cub" hinzu. Ebenso gab es Holzgriffschalen mit eingesetztem Astra Logo. In den 1960er Jahren erhielten die Pistolen braune Griffschalen mit Astra Logo und darunter der Aufschrift "Cub". Ab 1973 wurden auch wieder Griffschalen aus schwarzem Kunststoff hergestellt.
Schnittzeichnung des Modells 2000. Grafik aus Simon, Baskische Pistolen & Revolver
Astra, Modell 2000 "Cub"
Vorbemerkung: An spanischen Taschenpistolen interessierten Sammlern lege ich das vom Sammlerkollegen Albrecht Simon verfasste Standardwerk "Baskische Pistolen & Revolver" sowie den Vorgänger "Selbstladepistolen aus dem Baskenland" ans Herz. Ebenso lesenwert ist der von Gerhard Ortmeier im DWJ 01/2017, S. 85 ff, verfasste Artikel "Baskische Miniwaffen". Die in diesem Artikel veröffentlichten Informationen entstammen im Wesentlichen diesen hervorragenden Werken und eigener Forschung.
Geschichte von Astra
Bereits im Juli 1908 gründeten der Techniker Juan Esperanza und der Kaufmann Isidro Gaztañaga die Firma Unceta y Esperanza. Zunächst stellte man Teile für andere Waffenhersteller her. Erst als die beiden die Rechte an einer Pistole von Pedro Carega erworben hatten, bekann Unceta y Esperanza mit dem Modell STOC eine eigene Waffenproduktion. Der Markenname "Astra" entstand als Notlösung, weil man einem Rechtsstreit mit Eduardo Schilling um den ursprünglich vorgesehenen Namen "Victoria" verlor. Schilling hatte um 1914 eine Victoria-Pistole angeboten. Und so firmierte Unceta y Esperanza ab 1915 unter dem Markennamen Astra. 1925 verließ Juan Esperanza das Unternehmen, um sich eigenen Projekten zu widmen. Die Firma wurde umbenannt zu Unceta y Cía und residierte in Guernika, wo sie die Bombardierung am 24. April 1937 unbeschadet überstand.
Der Sprung könnte nun kaum größer sein, denn mit dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges 1939 unter dem Franco-Regime durften nur noch solche Betriebe Waffen produzieren, die alle Herstellungsschritte in Eigenregie realisieren konnten. Drei Hersteller verblieben, Unceta y Cía (Astra), Echeverría (Star) und Gabilondo y Cía (Llama). 1942 wurde Unceta y Cía in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und das Unternehmen erhielt den Zusatz S.A. (sociedad anónima). Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der darauf folgenden Wirtschaftsblockade seitens der Alliierten und der Umrüstung der spanischen Armee auf Star-Pistolen begann der wirtschaftliche Niedergang von Unceta y Cía S.A. Die Pistolenproduktion bewegte sich auf niedrigem Niveau. 1952 wurde der Markenname dann schlussendlich in den Firmennamen übernommen "Astra-Unceta y Cía S.A.". Und an diesem Punkt beginnt die Geschichte der hier vorgestellten Pistole - der Astra 2000 "Cub".
Mit dem US Gun Control Act von 1969 brach ein wichtiger Absatzmarkt für Astra-Pistolen weg und der Niedergang der Firma war eingeleitet. 1993 wurde Astra verkauft und in Astra Guernica S.A. umbenannt. 1997 folgte die Insolvenz. Nach dem Ende von Astra und Star gründeten Arbeiter beider Unternehmen eine Genossenschaft (Agrupacíon Social Trabajadores Armeros) und vertrieben die Pistole als A.S.TR.A., später A.S.T.AR. Nach dem Versuch, 10.000 Pistolen illegal ins Ausland zu verkaufen, wurde die Firma A.S.T.AR geschlossen.
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Exkurs: Eibar Sicherung
Die sog. Eibar-Sicherung wurde von Pedro Careaga Garagarza entwickelt. Dabei sperrt die Sicherungswelle die Abzugszunge, indem eine Ausnehmung in den Weg geschwenkt wird. Rastung und Halt erhält der Sicherungshebel durch die Rückholfeder unter dem Lauf, die mit ihrem stempelartigen Ende Druck auf die Sicherungswelle ausübt. Dieses Konstruktionsmerkmal prägte das Erscheinungsbild spanischer Pistolen für rund 80 Jahre.
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Im Oberflächenfinish waren die frühen Waffen zunächst tauchbrüniert mit polierten Bedienelementen. Ab 1957/58 dann wurden alle Teile tauchbrüniert, später wieder poliert. Zudem gab es verchromte, versilberte, vergoldete Pistolen, tlw. graviert, die unter den Modellnamen 2001 bis 2007 angeboten wurden. Die Bezeichnungen schlüsseln sich dabei wie folgt auf: 2001 (verchromt), 2002 (versilbert), 2003 (versilbert, graviert), 2004 (vergoldet, Holzgriffschalen), 2004E (vergoldet, Gold belegte Griffschalen), 2006 (vergoldet, graviert), 2007 (brüniert, graviert).
Ab 1960 veränderte Astra die Führung der Rückholfeder. Ab 1968 (um SN 1000000) folgten auf die gefrästen Griffstücke solche aus Feinguss. Ab 1970 wurde das Magazin modifiziert, sodass der bis dato 3mm vorstehende Boden nun mit der Griffleiste abschloss. Zudem war der Schlitten bis dato oben mit Längsriefen zur Reflexionsminderung versehen, worauf nun verzichtet wurde. Ebenso um 1970 änderte Astra die Befestigung der Auszieherkralle und Schlagbolzen (Reihenfolge: Steckstift-durchgehender massiver Stift-Rollstift, nur bei 6,35 mm Pistolen). Auch der Magazinauslöseknopf erfuhr Veränderungen. Dieser war zunächst als mit Fischhaut versehener, herausschraubbarer Schraubenkopf gestaltet und fand sich später in Form eines Kopf ohne Schlitz. Späte "Cub" haben einen Knopf aus Kunststoff. Ab SN 1003532 erhöhte Astra die Zugtiefe des Laufs. Zwischen 1972 und 1974 (ab SN 1014001) erhielten 6,35 mm Pistolen vorne links auf dem Schlitten das Astra-Logo. Dieses Logo findet sich - entgegen der Angaben aus der Literatur - auch auf Pistolen im Kaliber .22 kurz (um SN 184000). Ab SN 1014401 stellte Astra den Hahn im Feingussverfahren her. Ab 1974 (SN 1069601) erhielten die brünierten Magazine (vorher Chrom) Kontrollschlitze anstatt Löchern zur Ladestandskontrolle. Ab 1984 folgte auch der Schlitten im Feingussverfahren und Astra präsentierte zudem eine Pistole mit Edelstahlgriffstück und -schlitten, die bis 1995 in geringen Stückzahlen in Produktion blieb.
Beschriftungsvarianten
Der Lauf weist im Auswurffenster die Beschusszeichen auf, auf der Unterseite des Lauf finden sich die drei Endnummern der Seriennummer. Bis 1970 trägt der Schlitten oben rechts die komplette Seriennumer, die dann später auf die linke Griffstückseite wechselt. Die Beschusszeichen auf dem Griffstück finden sich zunächst links oberhalb des Abzugs und wanderten ab 1958 unter die linke Griffschale. Der Magazinboden trägt die Aufschrift "ASTRA".
Es finden sich folgende Schlittenbeschriftungen:
Astra - Unceta y Cia S.A. - Guernica
Cal. 6,35, .25" Made in Spain
ASTRA - UNCETA Y CIA S.A. - GUERNICA
CAL..22"SHORT MADE IN SPAIN
ASTRA - UNCETA Y CIA S.A. - GUERNICA
CAL. 6,35, .25", MADE IN SPAIN
ASTRA UNCETA CIA - GUERNICA (SPAIN)
MOD CUB CAL 6,35 (.25)
Albrecht Simon gibt an, dass ab Produktionsbeginn bis Juli 1995 rund 300.000 Pistolen im Kaliber 6,35 mm Browning und 24.775 Pistolen im Kaliber .22 kurz hergestellt wurden. 48.300 Pistolen in 6,35 mm Browning wurden für Colt zwischen 1957 und 1968 produziert und in den USA unter dem Namen "Junior" vertrieben. Gerhard Ortmeier schreibt, dass 236.241 Pistolen im Kaliber 6,35 mm Browning und 140.150 Pistolen im Kaliber .22 kurz hergestellt wurden (insgesamt also rd. 400.000 Waffen). Unter dem Namen "Camper" erschien auch eine Variante mit 4" Lauflänge in Kaliber .22 kurz. Fest steht sicherlich, dass die 6,35 mm häufiger anzutreffen ist.
Im Laufe der Produktionszeit verwendete Astra mindestens sieben verschiedene Deckelaufdrucke für die Schachtel, davon sechs auf Pappschachteln und eine Kunststoffschachtel. Auch die Anleitung wurde im Design immer wieder angepasst.
Fazit:
Hinter dem Markennamen Astra versteckt sich eine der ganz großen spanischen Waffenhersteller, der mit dem Modell 2000 ab 1954 eine gegenüber dem Modell 200 deutlich vereinfachte und wunderbar führige Taschenpistole präsentierte. Unter dem Eigennamen Cub bzw. 2000 und als Colt Junior in den Kalibern .22 kurz und 6,35 mm Browning vertrieben, erreichte die Pistole eine weite Verbreitung. Die Modellvarianten und kontinuierlichen technischen Änderungen faszinieren und machen diese kleine Spanierin zu einem spannenden Sammlungsthema.
Technische Daten
Höhe | 83 mm | Kaliber | 6,35 mm Browning .22 kurz | Stückzahl | rd. 400.000 |
Breite | 22 mm | Gewicht | rd. 350 g | ||
Länge | 112 mm | Magazinkapazität | 6 (6,35 mm) 7 (.22) | ||
Lauflänge | 57 mm Modell Camper: 101 mm | Bauzeit | 1954 bis 1995 |
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