Patente

Chylewski Patente

AT68151, Selbstladepistole, vom 1. Juni 1914

  • Der Patentanspruch bezieht sich darauf, dass vor dem Abzug ein zweiter züngelartiger Teil angebracht ist, der von einem oder mehreren Finger der Schusshand erfasst wird und beim Zurückziehen das Verschlussstück spannt.

AT69618, Selbstladepistole mit beweglichem, zum zurückziehen des Schlittens dienenden Hilfszüngel, vom 1. Februar 1915

  • Der Patentanspruch bezieht sich darauf, dass sich nunmehr der Hilfszüngel vom Schlitten entkoppelt und über den Hilfszüngel in der hintersten Stellung die Waffe auch abgefeuert werden kann.

Chylewskis letztes Patent ist durchaus kritisch zu betrachten, besteht doch das Risiko, dass beim Durchladen sofort und ungewollt ein Schuss abgegeben werden kann. Und so finden sich Chylewski Pistolen, bei denen der Einhandmechanismus mittels Schrauben inaktiviert wurde. 


Das Lignose Patent greift dieses Defizit der Chylewski Pistole auf und bezieht sich dabei - ohne es zu nennen - auf das Chylewski Patent. 


DRP388458, Selbstladepistole, vom 26. April 1921

  • Der Patentanspruch bezieht sich auf einen Hilfszüngel nach Art der Chylewski Pistole, der aber nun so konstruiert ist, dass er nicht mit dem Hauptabzug in Berührung kommt und so ein versehentliches Auslösen des Schusses verhindert wird.

Bergmann und Lignose Modelle 2 und 3

Bei den Modell 2 und 3 handelt es sich um 7- bzw. 10-schüssige Selbstladepistolen im Kaliber 6,35 mm Browning mit Feder-Masseverschluss und einem Schlaghahnschloss. Die Schließfeder wird über eine Stange geführt und ist unterhalb des Laufs angeordnet. Der Lauf ist, wie bei der FN Taschenpistole Modell 1906 mittels einer Drehbewegung zu entnehmen. Die Sicherung wirkt auf den Abzugsstollen und blockiert den Schlaghahn. Über den Sicherungshebel kann ebenso das Verschlussstück in einer hinteren Position fixiert werden, um die Pistole zu zerlegen. Die Abzugsstange verläuft auf der linken Seite und ist T-förmig ausgebildet. Der nach oben verlaufende Arm liegt bei vollständig geschlossener Waffe in einer Aussparung des Verschlusstücks. Andernfalls wird über diesen Arm die Abzugsstange vom Abzugsstollen entkoppelt. Ein Messingstift ragt nach hinten aus dem Griffstück und zeigt an, ob die Pistole gespannt ist. Die Visierung besteht aus einer Visierrinne mit einem rudimentären Korn in der Rinne.

Folgende Beschriftungsvarianten finden sich auf der Pistole:

THEODOR BERGMANN GAGGENAU
WAFFENFABRIK SUHL CAL.6,35 D.R.P.a.


Um Seriennummer 6900 findet sich erstmals die Lignose Beschriftung

AKT.-GES. LIGNOSE, BERLIN
ABTEILUNG SUHL - CAL.6,35 D.R.P.a.


Um Seriennummer 22000 entfällt das "a" im Patenthinweis. Es lässt sich darauf schließen, dass dieser Wechsel mit der Patenterteilung im Januar 1924 erfolgte. Auf der linken Schlittenseite steht nun: 

AKT.-GES. LIGNOSE, BERLIN
ABTEILUNG SUHL - CAL.6,35 D.R.P.


Bergmann Pistolen und frühe Lignose Waffen haben 12 Spannrillen, während spätere Pistolen 15 Rillen aufweisen. Die Pistolen haben schwarze Kunststoffgriffschalen mit dem Schriftzug BERGMANN oder LIGNOSE. Es finden sich auch Bergmannpistolen mit Holzgriffschalen mit Griffmedaillon mit einem messingfarbenen "B". Ebenso finden sich frühe Bergmannpistolen, bei denen der Ausstoßer nach hinten verlängert ist und bündig hinten mit dem Verschlussstück abschließt. Dies erleichtert das Zusammensetzen, weil das Verschlussstück darüber zusätzlich geführt wird.


Bergmann und Lignose Modell 2A und 3A

Bei den Einhandpistolen ist der Abzugsbügel entfernt und es findet sich der zusätzliche Züngel, der ähnlich wie der Abzug geformt ist. Der Züngel stützt sich an der Vorderseite des Verschlusstücks ab und wird in eingefrästen Schienen im Griffstück geführt. Der Züngel wird federgelagerten Stift im Griffstück gehalten. Es finden sich Züngel aus geschwärztem Messing und ab um Seriennummer 17000 solche aus Stahl. Die Schlittenbeschriftungen sind identisch zu den Modellen 2 und 3.


Lignose Modelle 4, 5, 4A und 5A.

Gerhard Bock berichtet in seinem Buch Moderne Faustfeuerwaffen und ihr Gebrauch davon, dass Lignose auch eine Ausführung seiner Pistolen in den Kalibern 7,65 mm Browning und 9mm kurz plane. Kritisch zweifelt Bock an, dass sich in der Praxis zeigen müssen, ob sich das Einhandsystem für die stärkeren Schließfedern und längere Schlittenbewegung eigne. Auch andere Quellen (z.B. Hogg und Kersten) berichten von den Modellen 4 und 5. Belegstücke sind jedoch nicht bekannt. Insofern darf angezweifelt werden, ob jemals Lignose Pistolen in diesen stärkeren Kalibern in den Handel gelangt sind. In der Ausführung von 1941 berichtet Bock jedenfalls nicht davon und auch im WUM-Katalog aus den 1930er Jahren finden sich nur Modelle im Kaliber 6,35mm Browning.


Fazit

Die Bergmann / Lignose Taschenpistolen sind hervorragend verarbeitete, wunderbar führige Taschenpistolen. Der Einhandmechanismus erlaubt, die Pistole ungeladen zu führen und erst unmittelbar vor der Schussabgabe mit der Schusshand fertigzuladen.

Insgesamt dürften rund 55.000 dieser Pistolen entstanden sein, wobei unbekannt ist, wie sich die Zahlen auf die jeweiligen Modelle aufschlüsseln. Wann genau die Produktion endete ist nicht bekannt. Trotz dass die Pistolen noch bis in die 1930er Jahre erhältlich waren, erreichte Lignose bereits um 1927 die Seriennummer 40000. Viele dürften also zum Produktionsende hin nicht mehr entstanden sein.

Geschichte der Lignose Taschenpistolen

Die Geschichte der Lignose Taschenpistolen beginnt mit Theodor Bergmann, der eine Waffenfabrik in Suhl unterhielt. Der Schweizer Witold Chylewsky hatte in den Jahren 1913 bis 1916 eine Einhandpistole konstruiert, deren Patente Bergmann kaufte und auf deren Basis er nach dem Ersten Weltkrieg eine eigene Pistole auf den Markt brachte. Werbeanzeigen zur Bergmann Einhandpistole finden sich zwischen August 1921 und April 1922, wobei bereits ab November 1920 kleine, kryptische Anzeigen veröffentlicht wurden, die eine "Bergmannpistole" ankündigten. In den Werbeanzeigen wurde erwähnt, dass Bergmann "viele D.R.P. etc. angem." habe. Der Waffenschmied vom 25. Oktober 1921 berichtete lediglich über eine Patentanmeldung mit dem Titel "Schloßmechanismus für Schußwaffen bei dem der Hammer geradlinige Schlag- und Spannbewegung hat". Diese Patentanmeldung könnte tatsächlich mit der Bergmannpistole zusammenhängen, denn Bergmann bewirbt, dass die Pistole keinen "Hohl-Schlagbolzen" habe, wie er typischerweise bei Taschenpistolen zu finden ist. Eigene, auf Bergmann eingetragene Patente mit Bezug zur Einhandpistole finden sich aber nicht. Am 15. Februar 1922 berichtete der Waffenschmied, dass die Firma Theodor Bergmann Waffenfabrik in den Besitz der Lignose AG übergegangen sei und bereits im Juli 1922 erschienen Werbeanzeigen, die nun die Einhandpistole unter dem Markennamen Lignose zeigen. Bis dato war Lignose vor allem als Hersteller von Munition bekannt. Am 19. Januar 1924 wurde der Lignose AG ein Patent zu einer Selbstladepistole ausgegeben, dass den Patentschutz ab dem 26. April 1921 garantierte. Möglicherweise hatte Lignose das entsprechende Patent mit dem Kauf der Bergmann Waffenfabrik übernommen. Letzte Werbeanzeigen zur Lignose Pistole erschienen 1927 und am 10. März 1927 berichtete der Waffenschmied, dass die Suhler Waffenfabrik Gebrüder Merkel Teile der Lignose Fabrik in Suhl, inkl. der Schießstände übernommen habe. Die Aktiengesellschaft Lignose, Abteilung Suhl, bestand jedoch weiter fort, denn noch im selben Jahr wurde berichtet, dass ein Herr Kurt Hißbach als neuer Prokurist eingetragen worden sei. Letzendlich wurden Lignose Pistolen noch bis in die 1930er Jahre im Versandhandel angeboten (bspw. im WUM Katalog).

Werbeanzeige Bergmannpistole vom 25. August 1921

Patentzeichnung des DRP 388458 von 1924.

Rätselraten: Werbeanzeige Bergmannpistole, Der Waffenschmied vom 25. November 1920

Werbeanzeige zur Lignose-Einhand-Pistole vom 25. Juli  1922

Patentzeichnung des Chylewski-Patents AT68151 von 1914

Werbeanzeige aus dem Jahr 1927

Aktiengesellschaft Lignose Taschenpistolen, Modell 2, 3, 2A und 3A


Vorbemerkung:

Wer sich für die Geschiche der Einhandtaschenpistolen interessiert, der stößt unweigerlich auf die Modelle 2A und 3A der Firma Lignose. Vor einigen Jahren hatte ich hierzu meinem US Sammlerkollegen Ed Buffaloe zugearbeitet und umfangreich zur Geschichte von Lignose im zweiwöchentlich erscheinenden Fachmagazin "Der Waffenschmied" aus den 1920er Jahren recherchiert, um Licht in die "Gerüchteküche" um Lignose zu bringen. 2015 präsentierte Buffaloe seine Ergebnisse in einem Online-Artikel The Bergmann and Lignose Vestpocket Pistols. Für das deutschsprachige Publikum fasse ich nun die Ergebnisse meiner damaligen Recherchen und die Erkenntnisse aus meiner Sammlung von Lignose und Bergmann Taschenpistolen zusammen. 


Abmessungen


Länge

Lauflänge

Höhe

Breite

Gewicht

Magazinkapazität

Modell 2

119 mm

55 mm

78 mm

22 mm

400 g

6

Modell 3

119 mm

55 mm

102 mm

22 mm

455 g

9

Modell 2A

119 mm

55 mm

70 mm

22 mm

400 g

6

Modell 3A

119 mm

55 mm

102 mm

22 mm

455 g

9

Bergmann Model 2, früh
Bergmann Model 2, früh
Frühe Bergmannpistole mit dreistelliger Seriennummer.
Bergmann Modell 2, Holzgriffschalen
Bergmann Modell 2, Holzgriffschalen
Bergmannpistole Modell 2 mit seltenen Holzgriffschalen und noch 12 Griffrillen.
Bergmann Mod. 3
Bergmann Mod. 3
Frühe Bergmann Pistole Modell 3 mit Holzgriffschalen.
Lignose Modell 3A
Lignose Modell 3A
Modell 3A mit geschwärztem Messingzüngel.
Lignose Modell 3
Lignose Modell 3
Modell 3 mit 15 Griffrillen.
Lignsoe Modell 3A
Lignsoe Modell 3A
Modell 3A mit Stahlzüngel
Lignose Modell 2
Lignose Modell 2
Lignose Modell 2, jetzt ohne das "a" im Patenthinweis.
Lignose 2A
Lignose 2A
Spätes Modell 2A mit Stahlzüngel