Franz Pfannl, Erika Taschenpistole im Kaliber 4,25 mm Erika (Liliput)


Vorbemerkung: Sammlern österreichischer Taschenpistolen empfehle ich die hervorragenden Bücher von Josef Mötz und Joschi Schuy "Vom Ursprung der Selbstladepistole" (Band 1) und "Weiterentwicklung der Selbstladepistole" (Band 2). Die Bücher dieser beiden Autoren kann man getrost als das Standardwerk zu österreichischen Pistolen bezeichnen. Dieser Artikel basiert zum Teil auf Informationen aus diesen beiden Bänden sowie eigenen Beobachtungen an Realstücken.  


Der Franz Pfannl wurde 1867 in Stein bei Krems geboren und führte nach Lehre und Militärdienst zunächst das väterliche Uhrmachergeschäft weiter. Wohl durch seinen Militärdienst beeinflusst, entwickelte Pfannl ein Interesse für Waffentechnik und - der Tradition als Uhrmacher folgend - die Miniaturisierung von Waffen. Mit seinen Miniaturen erlangte Pfannl sogar eine gewisse internationale Bekanntheit. Die Kleinstpistolen, zunächst als Platzpatronenwaffen, waren aber wohl eher als Uhrenanhänger oder Schmuckstück zu verstehen und kaum als ernsthafte Verteidigungswaffen.

1896 gab er das Uhrmachergeschäft auf und gründete eine Waffenfabrik, um sich ab sofort vollends dem Waffenbau zu widmen. Über eine Kooperation mit Georg Grabner, der ein Hammerwerk besaß, stieg Pfannl dann noch vor dem Ersten Weltkrieg in die Produktion scharfer Waffen ein. Erste Einlieferungen der sogenannten "Kolibri" Pistole im Kaliber 2,7 mm zum Wiener Beschussamt durch Georg Grabner sind ab 1913 dokumentiert.

Nach dem Krieg, Ende 1920, jetzt ohne Grabner, begann Pfannl mit der Fertigung einer neuen automatischen Pistole, dem Modell Erika, im neuen Kaliber 4,25 mm Erika, später bekannt als 4,25 mm Liliput. Pfannl firmierte als "Franz Pfannl Minatur- Waffen- und Patronenfabrik" und produzierte auch Bleistifte. Insgesamt beschäftigte er bis zu 65 Mitarbeiter, Teile davon in der "Abteilung Waffen". Von 1938 bis 1942 produzierte Pfannl noch eine Kopie der Browning Modell 1906 als VULCAN-Pistole, bevor er 1943 kriegsbedingt die Produktion einstellte. Franz Pfannl starb am 28. Dezember 1961. 

Technik

Bei der Erika Pistole handelt es sich um eine Selbstladepistole mit feststehendem Lauf, Masse-Verschluss und Single-Action-Abzug. Das Griffstück ist in einem Stück massiv gegossen und dann innen recht grob ausgefräst, um der Abzugsmechanik Platz zu machen. Diese Mechanik ist von der rechten Seite zugänglich und wird von einem großen Deckel, der von vier Schrauben gehalten wird, abgedeckt. Das Magazin sitzt etwas nach vorne versetzt vor dem eigentlichen Griff.

Der Hahn wird durch eine im Griff liegende Schraubenfeder unter Spannung gesetzt. Die Abzugsstange ist mit dem durch eine Schenkelfeder unterstützten Abzug verbunden und verläuft rechts am Magazinschacht vorbei. Dort trifft sie auf den Abzugsstollen, der dann unmittelbar auf den Hahn wirkt. Der Magazinhalter sitzt auf dem Griffrücken und wirkt über eine schräg durch den Griff verlaufende Stange auf einen gefederten Hebel, der widerrum in eine Kerbe in der Rückwand des Magazins eingreift, wodurch dieses im Gehäuse gehalten wird. Die auf der linken Seite (tlw. auch rechts) liegende Hebelsicherung wirkt auf den Hammer und trennt diesen vom Abzugsstollen. Der Laufblock wird über eine Schraube vorne und einen Haken mit Schraube hinten am Griffstück befestigt. Die Verschlussfeder liegt in einem Gehäuse oberhalb des Laufs. Das eigentliche Verschlussstück ist über einen Knopf lose mit der Schließfederstange verbunden. Der Schlagbolzen wird über eine Schlitzschraube im Verschlusstück gesichert.

Das Magazin fasst 5 Patronen. Die Oberfläche der Pistole ist streichbrüniert, doch auch vernickelte Versionen (matt und hochglanz) wurden angeboten. Das Innere der Pistole ist metallisch blank.


Seriennummern weisen die Erika-Pistolen in der Regel keine auf; die zu findenen Nummern sind interne Montagenummern und die Beschussprotokollnummern. 


Varianten

Es gibt eine Langlauf- und ab 1922 auch eine Kurzlaufversion der Erika Pistole. Wie Mötz und Schuy schreiben ist die Langlauf-Pistole etwas über 18 cm lang und war damit nach dem damaligen österreichischen Waffengesetz ohne Genehmigung erwerbbar, für die kurzen Pistolen war hingegen eine Erwerbserlaubnis erforderlich.

Die Maßhaltigkeit der Pistolen lässt zu wünschen übrig und die Abweichungen in den jeweiligen Maßen und im Gewicht sind teils erheblich, so Mötz und Schuy.

Es finden sich unterschiedliche Formen von Griffrillen. Frühe Waffen haben einen gerippte Verschlusshandhabe, später sind es breite Griffrillen. Der Sicherungshebel früher Pistolen liegt rechts, später dann auf der linken Seite. Zudem ist die Grifflänge und damit die Gesamthöhe der Pistole bei den Kurz- und Langlaufpistolen leicht unterschiedlich und auch die Lauflängen variieren. Da Pfannl für beide Varianten aber die gleichen Griffschalen verwendete, wirken die Mittelteile der langläufigen Pistolen massiver.


Es finden sich drei unterschiedliche Ausführungen der Kunststoffgriffschalen mit den Schriftzügen "FP", "PFANNL" und "ERIKA". 


Zwischen Dezember 1920 und März 1933 werden rund 2.800 Erika Pistolen in Wien zum Beschuss vorgelegt. Sicherlich sind auch einige Pistolen unbeschossen direkt in den Export gegangen. Insofern können keine exakten Zahlen für die Produktion angegeben werden. Es dürften aber insgesamt nur wenige Tausend sein.


Fazit:

Die Erika Pistole von Franz Pfannl ist wohl eher eine Kuriosität als eine ernstzunehmende Verteidigungswaffe. Die rund 30 Joule Mündungsenenergie der extra für diese Pistole neu entwickelten 4,25 mm Patrone waren hierfür kaum ausreichend. 

Nichts desto trotz erreichte Pfannl mit seiner Miniaturpistolen-Familie eine gewisse internationale Bekanntheit und so dürfen die Werke des österreichischen Uhrmachers in keiner Sammlung von Taschenpistolen fehlen. 

Technische Daten

Abzugsmechanik der Erika Pistole. Schlaghahn gespannt.

Lauf und Verschlusstück. Das Verschlusstück ist über den rechten Knopf mit der Schließfederstange verbunden. 

Alles Mini. Das winzige Magazin fasst 5 Patronen.

Modell

Länge

Breite

Höhe

Lauflänge

Gewicht

Patronen

Langlaufmodell

120-125 mm

19 mm

95-98 mm

 51-56,5 mm

236-250 g

5

Kurzlaufmodell

100-106mm

18-19 mm

84,5-85 mm

41-45 mm

212-232 g

5

Pfannl Erika linke Seite
Pfannl Erika linke Seite
Ansicht der Erika Pistole - links. Erkennbar ist der Magazinauslöser auf dem Griffrücken.
Pfannl Erika rechte Seite
Pfannl Erika rechte Seite
Rechte Seite der Erika Pistole. Man erkennt die Schrauben, mit der die Abdeckplatte gehalten wird.
Pfannl Erika zerlegt
Pfannl Erika zerlegt
Die Erika Pistole zerlegt. Das Innenleben ist über die rechte Seite zugänglich und wird von einer Abdeckplatte verdeckt.
Pfannl Erika -Lauf und Verschlussstück
Pfannl Erika -Lauf und Verschlussstück
Lauf und Verschlussstück. Der Lauf ist mit zwei Schrauben am Griffstück befestigt.
Pfannl Erika Detailansicht Abzugsmechanik
Pfannl Erika Detailansicht Abzugsmechanik
Die Abzugsmechanik ist filigran. Hier ist der Hammer gespannt. Auch sieht man die recht grobe Innenbearbeitung.
Pfannl Erika Magazin rechte Seite
Pfannl Erika Magazin rechte Seite
Das winzige Magazin der Erika, hier im Vergleich mit einer 2-Euro Münze.
Pfannl Erika Beschussmarke
Pfannl Erika Beschussmarke
Rechte Seite. Beschussmarke des Beschussamts Wien.
Pfannl Erika Beschussjahr
Pfannl Erika Beschussjahr
Man erkennt Beschussbuchnummer, Beschussjahr und Prüfzeichen für den Nitrobeschuss.