Verschiedene Stadien der Entwicklung des Walther Banners
Technik und Patente
Am 8. August 1909 erhielt Carl Walther für das Modell 1 sein erstes Patent für einen "Rückstoßlader mit feststehendem Lauf" (DRP 235944). Die Ausgabe des Patents erfolgte jedoch erst am 22. Juni 1911. Dies wird noch wichtig in der Datierung der Schlittenbeschriftungen.
Die Patentansprüche beziehen sich auf die Führung des Verschlussstücks, das vorne unterhalb des mit einem Laufmantel versehenen Laufs und hinten durch das Federlager geführt wird.
Charakteristische Merkmale des Modell 1 sind der freiliegende Lauf, die unterhalb des Laufs geführte Schließfeder und die auf der linken Seite offenliegende Abzugsstange. Der abschraubbare Laufmantel trägt vorne das Korn und anstatt einer Kimme hat das Modell 1 lediglich eine Visierrille. Der Hülsenauswurf erfolgt nach oben. Die hinten im Griffstück liegende Druckknopfsicherung wirkt auf den Abzugsstollen. Der Magazinhalter ist an der Unterseite des Griffstücks. Die Hartgummigriffschalen weisen ein Logo "CW" im Oval oder "6,35" auf.
Varianten
Im Laufe der Produktion kam es zu mehreren Änderungen, die sich nach der Zahl der Griffrillen, der Schlittenbeschriftung und - wesentlich - durch die Einführung eines Verschlussentriegelungsknopfs unterscheiden.
Ich verwende zur Darstellung der Varianten die durch den Fachautor Dieter H. Marschall genutzte Systematik.
1. Ausführung ("Einknopfausführung")
Folgende Beschriftungsvarianten finden sich:
Auf dem Griffstück findet sich manchmal "WALTHER'S PATENT" rechts hinter den Griffschalen. Ab Produktionsbeginn 1910 erfolgt der Beschuss mit Krone über U (bis ungefähr SN 3500) , ab September 1911 dann mit Krone über N. Die Ausfräsung im Griffstück um den Abzug ist rund ausgeführt.
Bis SN 3500 weisen die Schlitten 13, 15 oder 17 Spannrillen auf, der Unterbrecher ist zweiteilig, die Abzugsstange gerade und der Magazinboden vorne annähernd gerade. Zwischen SN 3500 und 8000 finden sich Pistolen mit 13 oder 17 Spannrillen. Zwischen SN 8000 und 11300 finden sich 12 Spannrillen und ab ungefähr SN 10000 eine gestufte Abzugsstange. Ab SN 11300 finden auch nur noch 13 Spannrillen und ab SN13000 ein einteiliger Unterbrecher. Die Ausfräsung um den Abzugsbügel ist zunächst rund ausgeführt. Ab ungefähr SN 14000 ist diese Fräsung gerade (s. Bild).
Patentzeichnung des Deutschen Reich Patents 235944 om 8. August 1909
2. Ausführung ("Zweiknopfausführung"), ab SN 15500 bis 30800
Charakteristisch ist nun der zusätzliche Verschlussentriegelungsknopf auf der rechten Seite zusätzlich
zum beidseitigen Sicherungsknopf. Als Verschlussbeschriftungen finden sich:
mit und ohne Walther Schleife.
Die zweite Ausführung findet mit 12 oder 13 Spannrillen, die Abzugsstange ist gestuft, der Unterbrecher einteilig und die Ausfräsung um den Abzugsbügel ist gerade ausgeführt. Ab ca. SN 21000 findet die Walther Schleife ihre endgültige Form.
Der Grossist August Stukenbrok aus Einbeck bot das Modell 1 im Jahr 1912 kurzzeitig unter dem Handelsnahmen ASTE an. Die Griffschalen trugen dazu "Aste" im Oval. Der Verkaufspreis betrug 27.- Reichsmark. Zum Vergleich: eine FN 1906 kostete 36.- Reichsmark. Im Jahr 1913 bot Stukenbrok das Modell 1 - nun als Walther Pistole - für 30 Mark an. Dies passt zur Preisaufschrift im Deckel der abgebildeten Originalschachtel.
Das Modell 1 wurde in einer schwarzen Pappschachtel mit Anleitung, Putzbürste und Exerzierpatronen geliefert.
Unterschiedliche Ausfräsungen am Abzugsbügel. Oben: früh; Unten: spät
Entwicklung des Walther Banners
Das heute bekannte Markenzeichen der Firma Walther, das Walther Banner, unterlief eine Evolution, die sich sehr gut an den Pistolen der Modell 1-Reihe festmachen lässt. In einer ersten schräg liegenden, aber noch wenig geschwungenen Form wurde dieses Banner erstmals am 8. Oktober 1912 als Markenzeichen in die Warenzeichenrolle des Reichspatentamts eingetragen. Doch die Form passt wohl nicht richtig auf die Verschlussstückseite und wirkte optisch wenig ansprechend. Deshalb wurde zunächst der Stempel etwas schräg gestellt und die Form weiter geschwungen. Erst am 8. Mai 1925 wurde das Banner in der heute bekannten Form endgültig eingetragen.
Carl Walther, Zella St. Blasii, Modell 1
Wir widmen uns diesen Monat einer der ersten deutschen Taschenpistolen - dem Modell 1 von Carl Walther.
Im Herbst 1886 eröffnete der 28jährige Carl Wilhelm Freund Walther in seinem Haus am Katzenbuckel 2 in Zella St. Blasii eine kleine Werkstatt, in der er zunächst Scheibengewehre mit Martini-System und Aydt-System herstellte. 1903 expandierte Carl Walther und errichtete einen dreistöckigen Anbau. Walthers fünf Söhne, Fritz (1889), Georg (1890), Willy (1891), Erich (1895) und Lothar (1899), waren recht schnell in das Unternehmen integriert. Der älteste Sohn Fritz Walther ging nach Abschluss seiner Gesellenprüfung als Büchsenmacher 1906 nach Berlin zu Loewe & Co, wo ihm aus einer Konkursmasse einige Pistolen in die Hände fielen. Er erkannte das Potential dieser Waffen und arbeitete an deren Verbesserung. Von Berlin aus gelang es Fritz, seinen Vater von der Aufnahme der Pistolenproduktion zu überzeugen. Und so kehrte Fritz 1908 in den elterlichen Betrieb mit damals 15 Mitarbeitern zurück und die Serienfertigung der ersten 6,35 mm Browning Pistole mit der Bezeichnung "Modell 1" konnte beginnen. Doch dazu suchte Walther noch im September 1910 im Fachjournal Der Waffenschmied einen Hersteller, der die Produktion der Pistole übernehmen konnte. Walther fand ihn dann vermutlich im Venuswaffenwerk von Oscar Will, der die ersten Modell 1 im Generalvertrieb ab November 1910 anbot.
Abmessungen:
Länge | Lauflänge | Höhe | Breite | Gewicht | Magazinkapazität | Seriennummern-bereich | |
Modell 1 | 114 mm | 52 mm | 80 mm | 22 mm | 365 g | 6 | 4 - 30800 |
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