Technik und Patente
Das Modell I hat eine Gesamtlänge von 115 mm, ein Leergewicht von etwa 350 g bei einer Magazinkapazität von sechs Patronen. Die Pistole hat einen unverriegelten Feder-Masseverschluss und besitzt einen Spannanzeiger in Form eines beidseitig federgelagerten Signalstifts, der durch das hintere Ende des Schlagbolzenwiderlagers nach außen tritt. Ist der Schlagbolzen gespannt, so drückt die Schlagbolzenfeder den Signalstift gegen den Druck der Signalfeder nach außen. Ist der Schlagbolzen entspannt, so drückt widerum die Signalfeder den Signalstift nach innen.
Besonders ist die Art der Laufbefestigung, bei der der Haltebolzen für den Lauf gleichzeitig die Schließfeder führt. Der verstärkte hintere Teil des Bolzens greift in den Laufansatz ein und wird durch den Federdruck der Schließfeder in dieser Position gehalten (DRP 326536). Will man die Pistole zerlegen, so nutzt man dazu eine halbkreisförmige Aussparung am Magazinboden, mit der man in eine umlaufende Aussparung des Laufhaltebolzens eingreift. Der Bolzen wird etwa zwei Zentimeter nach vorne aus der Bohrung der Laufwurzel herausgezogen und nach rechts oder links geschwenkt, sodass er sich an der Vorderfläche der Laufwurzel abstützt. Der Lauf ist damit vom Griffstück getrennt und kann nach oben entnommen werden.
Der ausgeklügelte Sicherungsmechanismus des Modell I erlebte eine schleichende Evolution und erreichte erst zwischen den Seriennummern 20000 und 25000 den finalen Stand. Der ursprüngliche Sicherungsmechanismus wird im DRP 337666 beschrieben, musste jedoch alsbald mit dem DRP 342078 nachbessert werden. Eigentlich hatte die Sicherung verhindern sollen, dass "nach dem Entnehmen des Magazins bei einer sich noch im Lager befindlichen Patrone absichtlich oder unabsichtlich die Sicherung umgestellt und damit die Waffe in Schießzustand gebracht werden könnte" (vgl. DRP 342078, 7. Februar 1920). Das tat sie nicht. Doch auch die neuerliche Nachbesserung war nicht so sicher wie angekündigt, denn "bei dieser Bauart ergab sich nun der Übelstand, daß [...] schon vor endgültiger Eindrehung in die Entsicherungs- oder Sicherungsstellung [...] schon vorher das Magazin aus der Waffe herausgenommen und der Sicherungshebel in die Entsicherungslage [...] gebracht werden konnte. [...] Es konnte also bei Ausnutzung dieser kritischen Stellung das Magazin aus der Waffe herausgenommen und der Sicherungshebel in die Entsicherungslage gebracht werden." (vgl. DRP 361175, 3. Juli 1920). Die letzmalige Nachbesserung war dann wohl mängelfrei.
Varianten
Die Schmeisser Modell I unterscheiden sich intern nach dem technischen Stand der Sicherung, wie oben beschrieben, und äußerlich nach Kimmenform, Schlittenbeschriftung und Oberflächenfinish. Darüber hinaus gibt es verschiedene Export-Beschriftungen. Standardmäßig wurde das Modell I brüniert ausgeliefert, auf Wunsch gab es jedoch auch eine vernickelte Ausführung (rd. 7% der mir bekannten Pistolen).
Die schwarzen Kunststoff-Griffschalen sind bei allen Pistolen gleich und tragen ein stilisiertes ,,HS" (Haenel Suhl). Weiterhin weisen die Verschlussstücke beidseitig 16 Griffrillen auf. Die Seriennummer findet sich auf der rechten Griffstückseite oberhalb des Abzugsbügels.
Zwischen den Seriennummern 67615 und 67819 wechselt die Kimmenform von einer fließenden, abgerundeten Form auf eine kantigere Form.
Die Beschriftung auf der linken Schlittenseite weist kleine Unterschiede auf, denn zwischen SUHL und SCHMEISSER findet sich entweder ein Komma, ein Punkt, ein Leerzeichen oder ein Bindestrich.
C.G. HAENEL SUHL, SCHMEISSER'5 PATENT
C.G. HAENEL SUHL. SCHMEISSER'5 PATENT
C.G. HAENEL SUHL SCHMEISSER'S PATENT
C.G. HAENEL SUHL - SCHMEISSER'S PATENT
Diese Varianten lassen sich - mit Ausnahme des Punktes - jeweils größeren Seriennummerblöcken zuordnen.
Erste Werbeanzeige zur Schmeisserpistole, Der Waffenschmied vom 25. September 1920.
Patentzeichnung zur Laufbefestigung, DRP 326536
Ansicht der Haenel Fabrik in Suhl, Quelle: Anleitung zur Schmeisserpistole
Patentzeichnung zur verbesserten Sicherung, DRP 361175
C.G. Haenel, Modell I, 6,35 mm Browning
Im Jahr 1920 brachte die Firma C.G. Haenel eine neue Taschenpistole, die sog. "Schmeisserpistole", im gängigen Kaliber 6,35 mm Browning heraus. Zu diesem Zeitpunkt konnte Haenel bereits auf eine lange Tradition zurückblicken, denn bereits seit 1840 wurden unter dem Firmengründer Carl Gottlieb Haenel in Suhl Waffen produziert. Neben Jagdwaffen für den Zivilmarkt war vor allem das Militär ein Hauptabnehmer. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs sank die Nachfrage nach Militärwaffen stark und so musste sich Haenel dem Zivilmarkt zuwenden. In die Zeit kurz nach dem Krieg fiel auch der erste Kontakt zwischen Haenel und den Konstrukteuren Hans und Hugo Schmeisser. Auf der Basis eines Patents von Hans Schmeisser aus dem Jahr 1919 entstand dann schlussendlich die Schmeisserpistole. Um den verkleinerten Taschenpistolen der Konkurrenz - allen voran der Walther Modell 9 - Rechnung zu tragen, kam 1926 eine neue verkleinerte und vereinfachte Pistole als "Modell II" auf den Markt. Die Schmeisserpistole erhielt die Bezeichnung "Modell I". Die Produktion des Modell I lief noch eine Zeit parallel zum Modell II, wobei sich letzte Werbeanzeigen im Jahr 1926 finden. Danach wurde nur noch das Modell II beworben.
Grundlage dieses Artikels ist eine Datensammlung von über 600 Schmeisserpistolen, Modell I. Die höchste bekannte Seriennummer ist 159684. Zwischen den Nummern 102882 und 150044 klafft eine Lücke, in der keine Pistolen bekannt sind. Anhand von Exportwaffen mit ausländischen Beschüssen und Jahresangabe (Österreich, Tschechoslowakei) lässt sich festellen, dass mit Einführung des Modell II im Jahr 1926 die Nummerierung des Modell I bei rund 80000 angelangt war. Oberhalb des 90000er-Bereich sind Beschüsse aus 1928 und 1929 bekannt.
Modell I und Modell II wurden also eine erhebliche Zeit parallel zueinander gefertigt und der Ziffernblock ab 100000 für das Modell II reserviert. Es finden sich aber auch Modell II mit niedrigen Seriennummern (bspw. 108). Ob also Haenel das Modell II in einem eigenen, von Null beginnenden Seriennummernbereich fertigen wollte oder ob sich sich der Hersteller zu Anfang oder erst später entschied, den Bereich ab 100000 zu nutzen, kann hier nicht mit Sicherheit beantwortet werden.
Insgesamt lässt sich aus den vorhandenen Daten jedenfalls schließen, dass rund 110.000 Modell I gefertigt worden sein dürften.
Für den Export kennzeichnete Haenel die Waffen auf mindestens fünf unterschiedliche Weisen:
C.G. HAENEL SUHL, GERMANY, SCHMEISSER'S PATENT oder
Standardbeschriftung +
„MADE lN GERMANY" (auf der linken Rahmenseite) oder
GERMANY (auf der rechten Schlittenseite) oder
GERMANY (unter der Seriennummer) oder
GERMANY (vorne auf der linken Schlittenseite).
Teilweise sind finden sich zusammenhängende Nummernblöcke mit für den Export gekennzeichneten Waffen. Machmal finden sich aber auch nur Einzelstücke, oder aber es wurden unterschiedliche Exportkennzeichnungen innerhalb geschlossener Blöcke verwendet. Die häufigste Kennzeichnung ist die einzeilige Beschriftung mit GERMANY im Schriftzug. Alle anderen Varianten wurden wohl für kleinere Lose oder Einzelwaffen genutzt, die in den Export gingen.
Frühe Modell I wurden in einer schlichten Pappschachtel mit Anleitung und Putzbürste ausgeliefert. Späte Modell I weisen eine wertigere dunkelgrüne Schachtel auf.
Technische Daten
Modell | Länge | Breite | Höhe | Lauflänge | Gewicht | Patronen | Kaliber |
Modell I | 115 mm | 23,5 mm | 76 mm | 54,5 mm | 350 g | 6 | 6,35 mm Browning |
Copyright © All Rights Reserved