Felix Delu und Pieper "Neues Modell" Taschenpistole im Kaliber 6,35 mm Browning
Der Name Pieper steht in Belgien für eine ganze Waffendynastie. Henri Pieper war Ende des 19. Jahrhunderts der erfolgreichste Waffenhersteller Lüttichs. Zur Einordnung: zu dieser Zeit kam fast die Hälfe der weltweit produzierten Feuerwaffen der belgischen Metropole. Henri Pieper besaß die größte Waffenfabrik des Landes und war zudem auch noch Mitbegründer und größter Anteilseigner von Fabrique Nationale d'Armes de Guerre. Kurz vor seinem Tod ordnete Henri Pieper 1897 seine Verhältnisse neu, gründete die Société Anonyme des Établissements Pieper und übertrug seinen Söhnen Nicolas, Henri Junior und Edouard Herman (auch bekannt als Armand) das Unternehmen. Nicolas leitete Établissements Pieper, Armand die Laufherstellung im Zweigwerk in Nessonvaux und Henri Junior ein neu gegründetes Elektro-Unternehmen. Die parallel einhergehende Diversifizierung auf Fahrräder, Autos mit Gas- und Elektroantrieb und Elektrizität führte jedoch 1905 in finanzielle Schwierigkeiten. Der Aufsichtsrat der Société Anonyme des Établissements Pieper schasste Nicolas und Armand und es entstand völlig neues Unternehmen in Herstal – die Ancien Etablissements Pieper (AEP) – in dem die bisherigen Waffenwerke zusammengeführt wurden.
Werksgelände der Anciens Etablissemnets Pieper im Jahr 1910
Patentzeichnung DRP374753 vom 6. April 1921
Griffschalenembleme DELU (oben) und Pieper (unten)
AEP produzierte in der Folge die Bayard Taschenpistole, die Bergmann-Bayard Modell 1908, diverse Gewehre und Revolver sowie Luftgewehre bis in die 1950er Jahre.
Felix Delu gründete um 1911 die Fabrique d'Armes Delu F. et Cie in Herstal. Am 1. April 1921 erhielt er ein belgisches Patent für eine Selbstladepistole im Kaliber 6,35 mm Browning und produzierte diese Pistole bis in die 1940er Jahre. Möglicherweise nutzte Delu hierzu Produktionskapazitäten von AEP und ließ seine Pistole als Ganzes oder Teile davon dort herstellen. Sicherlich jedoch kannte man sich und Geschäftsbeziehungen sind wahrscheinlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1946 legte AEP eine Taschenpistole als "Neues Modell" auf, die nahezu eine 1:1 Kopie der DELU Taschenpistole war. AEP produzierte diese Pistole bis 1951.
Technik und Patente
Felix Delu erhielt in Belgien ein Patent auf seine Pistole am 1. April 1921 (Nr. 296060). In Deutschland erhielt er ebenfalls ein Patent (DRP374753). Im Kern geht es hierbei um eine verbesserte Auswerfervorrichtung für Pistolen, bei denen die Hülse nach oben aus dem Schlitten ausgeworfen wird. Hierzu verwendet Delu zwei beiderseits der Achsialebene am Griffstück starr befestigte Auswerfer. Für seine Pistole verwendete Felix Delu das Patent jedoch nicht, denn die Pistole hat nur einen mittig angebrachten Auszieher. Das Ausstoßen der leeren Hülse erfolgt über den Schlagbolzen.
DELU Pistole
Es handelt sich bei der Delu Pistole um eine einfache Taschenpistole mit Feder-Masse-Verschluss mit Eibar-Sicherung und Schlagbolzenschloss. Der Lauf ist wie bei der FN 1906 mit Ringwarzen versehen, die in zwei Nuten im Griffstück eingreifen. Die Abzugsmechanik mit Abzugsstange und Abzugsstollen sind nahezu identisch mit der Mechanik der FN 1906.
Es sind zwei Varianten bekannt. Eine frühe Variante hat eine Hebel- und Magazinsiecherung. Spätere Pistolen weisen zusätzlich eine Handballensicherung auf. Die die Handballensicherung dreht um einen Stift am oberen Ende des Griffstücks und verläuft über rund die Hälfte des Griffrückens. Die Griffschalen sind aus Horn mit einem runden Emblem mit den Buchstaben FD (Felix Delu). Es finden sich die üblichen belgischen Beschusszeichen. Auf der linken Seite des Schlittens steht:
FABRIQUE D'ARMES F. DELU & Co. LIEGE-BELGIQUE
Die Seriennummer ist auf der rechten Seite hinten am Griffstück angebracht. Zum Zerlegen sichert man den Schlitten in der hintersten Position und dreht den Lauf um rund 90°. Dabei trennen sich die Ringwarzen von den Nuten und man kann den Lauf nach vorne aus der Schlittenbohrung herausziehen. Dann löst man den Sicherungshebel und zieht den Schlitten nach vorne ab. Die Pistole hat 10 Griffrillen.
Pieper Neues Modell
Technisch sind die DELU und die Pieper nahezu identisch. Allerdings verläuft die Handballensicherung der Pieper über den gesamten Griffrücken und hat ihren Drehpunkt am unteren Ende des Griffstücks. Im Unterschied zur DELU ist die Laufbohrung im Schlitten rund, sodass der Lauf mit seinen Ringnuten nicht durch die Bohrung passt. Zum Zerlegen wird deshalb der Lauf gedreht und entriegelt und dann zusammen mit dem Schlitten nach vorne abgenommen. Weitere kleine Unterschiede finden sich in der Kontur des Schlittens. Es sind Pistolen mit 8 und 10 Griffrillen bekannt.
Es finden sich mehrere Varianten der Schlittenbeschriftung. Frühe Pistolen weisen folgende Aufschrift auf:
- ANCIENS ETABLISSEMENTS PIEPER HERSTAL - BELGIUM -
Spätere Pistolen finden sich mit:
ANC. ETABL. PIEPER HERSTAL BELGIUM
Die Seriennummer der Pieper Pistole findet sich mittig auf der rechten Schlittenseite. Die Griffschalen weisen starke Ähnlichkeit mit denjenigen der Delu auf, doch anstatt der Buchstaben FD bleibt dieses Feld einfach frei.
Über die Zahl der produzierten Waffen von Delu und AEP liegen keine Informationen vor.
Abmessungen:
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