Taschenpistole Henrion Dassy im Kaliber 6,35 mm Browning

Vorbemerkung: Die Automatische Pistole von Henrion & Dassy ist sehr selten auf dem Sammlermarkt anzutreffen. In der Literatur ist nahezu nichts über die Pistole zu finden. Vor einigen Jahren hatte ich hierzu im englischsprachigen Raum einen Artikel verfasst, dessen Inhalte ich nun auch hier wiedergeben möchte. Hauptquelle für diesen Artikel ist das belgische Patent Nr. 226340. 


Geschichte von Henrion, Dassy & Heuschen

Die belgischen Konstrukteure Armand Henrion und T. Dassy aus Lüttich sind vor allem bekannt für ihre Schrotflinten und vielschüssigen Revolver im Zeitraum zwischen 1890 und 1930. Möglicherweise um 1910 trat mit Victor Heuschen ein weiterer Konstrukteur dem Unternehmen bei und man firmierte fortan unter Henrion, Dassy & Heuschen (HDH). Im Laufe der Zeit finden sich weitere registrierte Namen:

  • Henrion, Dassy & Heuschen (rue Cheri, 22 in Liege) 1910-1921,
  • H.D.H. SA (societe anonyme) 1921-1924,
  • Manufacture d'Armes H.D.H: 1924-1925,
  • HDH SA: 1925-1929,
  • HDH Manufacture: 1929-1932,
  • HDH SA: 1932-1934.


Die vorliegende Pistole ist mit H&D gemarkt, was darauf schließen lässt, dass die Pistole noch vor dem Zusammenschluss mit Victor Heuschen gefertigt wurde. Das Datum des Patents 226340 ist der 1. Juni 1910 und als Patentanmelder sind A. Henrion und T. Dassy, Fabricants d’Armes de Liege”, angegeben. Aufgrund der niedrigen Seriennummer ist das Baujahr der Pistole daher vermutlich 1910.


Firmenzeichen HDH

Technik und Patente

Die Pistole verfügt über einen fest mit dem Griffstück verbundenen Lauf und einen unverriegeten Feder-Masse Verschluss. Im Wesentlichen besteht die Waffe aus den Baugruppen Griffstück (1), Verschlussgehäuse (2) und Verschlussstück (3) mit Schließfeder.

Der zylindrische Verschluss ist im Griffstück hinten in einer halbrunden Aussparung geführt. Nach oben an den Verschluss schließt sich ein Spannstück mit Griffrillen an, in das eine Federführungsstange (7) eingeschraubt ist, die die Schließfeder (3) führt. Die Federführungsstange ist durch eine Schraube (8) im Spannstück gesichert, deren Kopf gleichzeitig die Kimme bildet.

Die Verschlussfeder stützt sich an der Vorderseite am Kopf (9) der Federführungsstange ab. Nach hinten liegt sie am Boden der Federhülse (10) an. Die Federhülse ist am Griffstück mittels eines durchgehenden Stifts (11) befestigt und die Hülse führt die im Schuss rücklaufende Federführungsstange und Federkopf (9). Entfernt man den Stift (11), so kann das gesamte Verschlussstück nach hinten entnommen werden, sollte es nötig sein, die Verschlussfeder zu demontieren.

Patentzeichnung belg. Patent 226340

Im Verschluss (5) werden Schlagbolzen (12) und Schlagbolzenfeder (13) von einer mit einem Stift gesicherten Kappe (14) gehalten. Die Nase (15) des Schlagbolzens (12) greift in den Abzugsstollen (16) ein, wenn der Verschluss am hinteren Ende des Gehäuses (5) angekommen ist.  Der Abzugsstollen dreht sich um die Achse (17) und wird durch eine kleine Feder (18), die unter Spannung steht, in seine Position zurückgesetzt. Die Feder kann durch eine Bohrung im Griffstück von außen gewechselt werden.

Der Abzugsstollen (16) hat unten eine Ausnehmung (19) in die der Stift (20) des Abzugssstollenhebels (21) eingreift. Der Abzugsstollenhebel dreht sich um die Achse 22. Betätigt man den Abzugshebel (26), so wird über den Abzugsstange (25) der Abzugsstollenhebel (21) gegen den Uhrzeigersinn gedreht, was wiederrum den Abzugsstollen (16) nach unten bewegt und den Schlagbolzen (12) freigibt. Die Abzugsstange (25) greift an den Zähnen 23 und 24 im Abzugsstollenhebel ein.

Die Abzugsstange (25) ist über einen Stift (27) mit dem Abzugshebel (26) verbunden. Die Abzugsstange (25) wird dabei von einer Feder (28) gestützt, um diese in der Ausgangsposition zu halten, in der sich die Abzugsstange vor dem Zahn 24 des Abzugsstollenhebels (21) befindet. Betätigt man den Abzugshebel (26), so dreht sich der Abzugsstollenhebel (21) um seine Achse (22) und gibt über den Abzugsstollen (16) den Schlagbolzen (12) frei.

Die beiden Zähne 23 und 24 des Abzugsstollenhebels (21) sind dabei so angeordnet, dass bei der Drehung um Achse 22 das Ende der Abzugsstange (25) durch den Zahn 23 angehoben und so der Eingriff an Zahn 24 gelöst wird. Die Feder (18) des Abzugsstollens (16) bringt das den Abzugsstollenhebel wieder in seine Ausgangsposition, sodass die Abzugsstange (25) erst wieder nach dem Loslassen des Abzugshebels (26) an den Zahn 24 eingreifen kann.

Die Feder 28, die auf den Stift 27 der Abzugsstange (25) wirkt, stützt sich im Gehäuse (1) ab;

Die Sicherung wirkt auf den Abzugsstollenhebel (21), der zu diesem Zweck eine Ausnehmung (29) hat. Der Sicherungshebel (32) hat am Ende seiner Achse (17) einen Kopf (31) auf dessen einen Hälfte ein Stift (30) aufgesetzt ist. In der Stellung „S“ (Sicher) greift dieser Stift (30) in die Aussparung (29) des Abzugsstollenhebels (21) ein und blockiert die Drehung um die Achse (22). In der Stellung „F“ (Feuer) kann sich der Abzugsstollenhebel frei drehen.

Das Magazin (33) hat am unteren vorderen Ende einen gebogenen Hebel (34), der in eine Aussparung im Griffstück eingreift und von einer Feder (35) gestützt wird. Durch Druck auf den Hebel (34) entriegelt das Magazin und mit einer Hand entnommen werden.

Die stabile Ausführung der Federhülse (10) schützt den rückwärtigen Teil des Verschlussgehäuses vor der zurücklaufenden Federführungsstange (7) und dem Kopf der Stange (9).

Die H&D Pistole

Auf der linken Seite ist die Pistole mit folgender Beschriftung gekennzeichnet:


H & D AUTOMATIC PISTOL PATENT

Auf der rechten Waffenseite finden sich die typischen belgischen Beschusszeichen auf Griffstück und Lauf. Die Griffschalen zeigen ein stliisertes HD im Oval.
Die Pistole ist brüniert, das Magazin fasst sechs Patronen. Die Pistole ist auf dem Sammlermarkt äußerst selten anzutreffen, über Produktionszahlen ist nichts bekannt. 


Länge

Lauflänge

Höhe

Breite

Gewicht

Magazinkapazität

HD Pistole

117 mm

53 mm

91 mm

25 mm

465 g

6

HDH linke Seite
Henrion & Dassy Taschenpistole mit Patenthinweis
HDH rechte Seite
Rechte Seite der Henrion&Dassy Taschenpistole im Kaliber 6,35 mm Browning.
Detailansicht
Detailansicht Sicherung und Griffrillen.
Magazin
Aufwändige Magazinkonstruktion mit Magazinhalter im Magazinkörper.
Henrion&Dassy zerlegt
Wenige Baugruppen. Massiver Verschlussblock.