Walther Modell 8


Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Versailler Vertrag wurde die Produktion von Kriegsmaterial stark reglementiert. Der Fachautor Manfred Kersten in seinem Buch "Walther - Eine Deutsche Legende" schreibt, dass der Waffenmarkt zusammenbrach, was viele deutsche Rüstungsunternehmen in eine existenzbedrohende Lage brachte. Zwar hatte die Waffenfabrik Walther bereits über den Krieg hinweg auch noch die Modelle 4 bis 7 produziert, doch jetzt war auch sie mit einem weitgehenden Produktionsverbot belegt und man musste vollständig auf zivile Waffen umstellen. Mit dem Tod Carl Walthers 1915 hatte Sohn Fritz die Geschäfte übernommen. Er ließ sich von den Produktionsverboten der Nachkriegszeit nicht beirren und brachte ab 1922 neue Taschenpistolen auf den Markt: die Modelle 8 und 9 (ab Mai1922). 1923 beschreibt Gerhard Bock die beiden Modelle in seinem Buch "Moderne Faustfeuerwaffen und ihr Gebrauch". Das Modell 8, so  schwärmt er, ist vorzüglich gearbeitet und sieht außerordentlich gefällig aus. Die Schussleistung bewertet Bock überdies als ganz hervorragend und er belegt dies damit, dass bei den Kampfspielen 1922 die ersten beiden Plätze in der Taschenpistolenkonkurrenz mit dem Modell 8 gewonnen wurden. Es lohnt also ein Blick auf Fritz Walthers neue Konstruktion.


Patentzeichnung des Deutschen Reich Patents 334042 zum drehbaren Abzugsbügel

2. Ausführung (1927-1933), Seriennummern 465000 bis 486450 und 700000 bis 714400

Entgegen der ersten Variante weist diese Ausführung nun einen außenliegenden Auszieher auf. Die Griffschalen haben meist eine Walther Schleife am unteren Rand und auch das Magazin hat eine Waltherscheife am Boden.

Der Schlagbolzen befindet sich in einem fest mit dem Verschlusstück verbundenen Gehäuse. Der Schlagbolzen wird mittels eines gewinkelten Abdeckblechs im Gehäuse gehalten. Dieses Blech ist mit dem Verschlussstück verschraubt. Dadurch ist auch die Aufräsung des Verschlusstücks gegenüber der 1. Variante anders gestaltet.

Von dieser Variante fertigte Walther rund 24200 Stück.


3. Ausführung (1934 - 1943), Seriennummern 714400 bis 743700 und 91001A bis 96900A (ab 1938)

Bei der dritten Ausführung entfällt der Riegel zur Verschlussdemontage. Stattdessen ist der Abzugsbügel nun federnd gelagert. Ausnahme bildet ein Nummernblock zwischen 722300 und 727700, wo sich der Riegel wiederfindet. Ebenso ändert sich die Form des Abzugs. Während bei der ersten und zweiten Variante der Abzug breit ausgelegt war, ist der Abzug nun deutlich filigraner. Außerdem ändert sich die Form der Verschraubung des Winkelbechs zur Sicherung des Schlagbolzens im Schlagbolzengehäuse. 

Insgesamt wurden 37200 Stück dieser Variante gefertigt.


Die Gesamtproduktion belief sich somit auf rund 145000 Pistolen des Modells 8.


Das Modell 8 war in folgenden Varianten erhältlich:

  • brüniert, optional graviert, scharze Hartgummigriffschalen,
  • vernickelt, optional graviert, Hartgummi-, Elfenbein- oder Perlmuttgriffschalen,
  • vergoldet, optional graviert, Elfenbei- oder Permutgriffschalen.


Im WUM-Katalog sind die diese Modelle mit Preisen zwischen 11.40$ und 37,20$ angegeben. Die gravierte, vergoldete Pistole mit Elfenbein- oder Perlmuttgriffschalen kostete rund das dreieinhalbfache der einfachen, brünierten Variante.

Werbeanzeige zur Walther 8 und 9, Der Waffenschmied vom 25. Juni 1922

Griffschale mit und ohne Walther Schleife

Riegel zum Lösen des Abzugsbügels. oben, 1. Variante; unten, 3. Varianate ohne Riegel. 

Technik und Patente

Der Fachautor Dieter Marschall schreibt, dass das Modell 8 konstruktiv den Vorgängermodellen 2 bis 7 ähnelt, aber bereits in den äußerlichen Merkmalen Elemente der Walther PP und PPK vorweg nimmt. Zudem ist das Modell 8 die erste Walther Pistole, bei der die Modellbezeichnung auf der Waffe aufgebracht sei.

Doch trotz der konstruktiven Ähnlichkeit zu den Vorgängermodellen setzt Fritz Walther mit dem Modell 8 eine Reihe von Neuerungen um, die er sich ab 1919 patentrechtlich schützen ließ.


  • DRP319461: Befestigung der Griffdeckel an dem Griff von Handfeuerwaffen, angemeldet am 24. Juni 1919

                                Es geht hierbei um die Befestigung der Griffschalenmedaillons.

  • DRP325374: Handfeuerwaffe, vom 24. Juni 1919

                                Der Patentanspruch bezieht sich auf eine gemeinsame Achse von Hahn und Sicherungshebel.

  • DRP326373: Befestigung der Griffdeckel an dem Griff von Handfeuerwaffen, angemeldet am 30. Dezember 1919

                                Es handelt sich um eine Verbesserung des Patents DRP319461.

  • DRP334042: Selbstladewaffe mit feststehendem Lauf, angemeldet am 15. Juli 1919

                                Der Patentanspruch bezieht sich auf einen drehbaren Abzugsbügel, der die Verbindung zwischen   

                                Griffstück und Verschlussstück freigibt.

  • DRP334448: Selbstladewaffe mit feststehendem Lauf, bei welcher der Schlagbolzen von dem Verschlussstück

                                getrennt in einem besonderen Schlagbolzengehäuse untergebracht ist, angemeldet am 15. Juli 1919

                                Der Patentanspruch bezieht sich auf ein vom Verschlusstück getrenntes Schlagbolzengehäuse.

  • DRP335901: Selbstladewaffe mit feststehendem Lauf, angemeldet am 30. November 1919

                                Zusatz zum DRP334042.


Das Modell 8 besteht aus den zwei Hauptbaugruppen Griff- und Verschlusstück. Das Griffstück, in das vorne der Lauf eingeschraubt ist, enthält den Schlossmechanismus, die Ausfräsung für das Magazin und den Magazinhalter. Die Pistole hat ein Hahnschloss, das durch eine kräftige Schraubenfeder betätigt wird und die gleichzeitig auch den Magazinhalter unterstützt. Die Sicherung liegt vor der linken Griffschale und wird zum Sichern nach unten gedrückt.

Die Schließfeder ist auf den Lauf aufgeschoben. Das Schlagbolzengehäuse lässt sich zum Reinigen entnehmen (nur bei erster Variante). Die Verbindung von Griffstück und Verschlussstück wird über den kippbaren Abzugsbügel sichergestellt.


Varianten

Im Laufe der Produktion zwischen 1920 und 1943 kam es zu mehreren Änderungen, die in der Literatur in drei Varianten unterteilt werden. Ich verwende im Folgenden die durch den Dieter H. Marschall genutzte Systematik.


Alle Varianten sind wie folgt beschriftet: Auf der linken Seite des Verschlussstücks steht


Walther’s Patent Mod. 8.

darunter das Walther Banner.


Auf der rechten Seite steht:

Waffenfabrik Walther Zella-Mehlis (Thür.)


1. Ausführung (1920-1926), Seriennummern 390000 bis 472000

Die erste Variante besitzte einen innenliegenden, verdeckten Auszieher. Rechts am abklappbaren Abzugsbügel liegt ein Riegel zur Verschlussdemontage. Der Schlagbolzen ist in einem separaten, aus dem Griffstück zur Reinigung entnehmbaren, Gehäuse untergebracht. Meist zeigen die Griffschalen noch keine Walther Schleife. Marschall berichtet darüber hinaus, dass bei manchen Waffen die Beschriftung "S" bzw. "F" fehlt. Die Magazine dieser frühen Variante haben am Magazinboden entweder ein "W" im Kreis oder ein großes, gefrästes "W". 

Insgesamt wurden rund 84300 Modell 8 in der 1. Ausführung gefertigt.


Magazinböden mit Walther Schleife (spät) oder mit eingefrästem "W" (früh).

Abmessungen:


Länge

Lauflänge

Höhe

Breite

Gewicht

Magazinkapazität

Modell 8

130 mm

73 mm

90 mm

22 mm

350 g

8

Walther Modell 8_1. Variante
Gut erkennbar der Riegel über dem Abzugbügel zum Lösen desselben.
Walther Modell 8_1. Variante rechts
Griffschalen noch ohne Walther Schleife
Walther Modell 8_2. Variante
Jetzt mit außenliegendem Auszieher
Walther Modell 8_2. Variante
Österreichischer Beschuss aus dem Jahr 1929.
Walther Modell 8_3. Variante
Jetzt ohne Riegel mit gefedertem Abzugsbügel
Walther Modell 8_3. Variante
Griffschalen mit Walther Schleife
Walther Modell 8_zerlegt
1. Variante zerlegt. Nur wenige Baugruppen.
Walther Modell 8_Verschlussstück innen
unterschiedliches Innenleben der Verschlussstücke. Oben, 1. Variante; Mitte, 2. Variante; Unten, 3. Variante
Walther Modell 8_Vergleich Griffschalen
Griffschalen mit und ohne Walther Banner.
Walther Modell 8_Hahn
Einfaches Hahnschloss
Walther Modell 8_Vergleich Magazinböden
links, ein neuerer Magazinboden mit Walther Schleife; rechts, ein früher Magzinboden mit gefrästem W
Walther Modell 8_Vergleich Riegel
Oben: Modell 8 mit Riegel
Unten: ohne Riegel