August Menz, Modell Liliput
August Menz wurde 1861 geboren und verdiente sein Geld zunächst ais Mechaniker und Systemmacher. Im Jahr 1905 gründete er eine eigene Firma und verdingte sich zunächst als Zulieferer für die Waffenbranche. 1908 brachte er dann seine erste eigene Pistole auf den Markt, die Regnum. Dabei handelt es sich um eine Kipplaufpistole mit vier übereinander liegenden Läufen im Kaliber 6,35 mm Browning. Angesichts der sich schon am Markt befindlichen Selbstlade-Taschenpistolen war der Erfolg dieser Waffe jedoch gering. 1911 entwickelte Menz ein fast identisches Modell als sogenannte Scheintodpistole, die aus drei übereinander liegenden Läufen Gaspatronen im Kaliber 12 mm verschoss (DRGM 4718715). Im Jahr 1913 kam dann eine erste Selbstladepistole
im Kaliber 6,35 mm Browning auf den Markt, die Menta (Menz-Taschenpistole). Wenig später, noch vor dem Ersten Weltkrieg, folgte ein vergrößertes Modell im Kaliber 7,65 mm Browning. Am 6. September 1918 starb August Menz und sein Sohn Alfred, geboren 1886, führte die Geschäfte fort. Der Name der Firma blieb.
Im Jahr 1921 ließ der Konstrukteur Franz Karpinski eine Taschenpistole patentieren, die er unter dem Namen CYKA vermarktete. Die CYKA wurde mit zwei Patenten vom 19. November 1921 und 14. Oktober 1922 abgesichert (DRP 371665, 379810). Menz und Karpinski entwickelten daraus die Nordflug im Kaliber 4,25 mm Liliput (alias 4,25 mm Erika). Auf der Basis der Nordflug enwickelte Menz eine eigene Pistole ,,Liliput". Ab März 1924 bot Menz die Liliput im Kaliber 6,35 mm Browning an. Dann ab 1925 folgte das Kaliber 4,25 mm, später 7,65 mm Browning. Im Oktober 1924 erhielt Menz ein eigenes Patent auf einen Verschlussmechanismus für die Liliput. Ein Hinweis hierauf findet sich in einem französischen Patent 603742 von 1925.
Die Liliput wurde in den Kalibern 4,25 mm Liliput, 6,35 mm Browning sowie in 7,65 mm Browning angeboten. Das 6,35 mm Modell ist am häufigsten anzutreffen. An ganz frühen Liliput erkennt man die Verwandtschaft zu den Patenten von Franz Karpinski mit seiner CYKA und der Nordflug Pistole. Am hinteren Ende des Schlittens findet sich bei den frühen Liliput ein ringförmiges Widerlager für Schlagbolzen und Schlagbolzenfeder. Der von Menz 1924 patentierte Mechanismus hat an der Rückseite des Schlittens ein Gabelstück, das der Schlagbolzenfeder als Widerlager dient. Hinten auf dem Griffstück sitzt eine hakenförmige Nase, die in die Gabel eingreift und so die Pistole zusammenhält. Zum Zerlegen der Waffe drückt man das Gabelstück ein. Dieses gibt dann den Haken frei und man kann den Schlitten nach oben ziehen, sodass er sich vom Rahmen löst. Dann schiebt man den Schlitten nach vorne vom Griffstück. Lauf und Rahmen sind aus einem Stück gefertigt alles in allem eine sehr einfache und gefällige Konstruktion.
Es finden sich Unterschiede bei der Anzahl und Form der Fingerrillen. Während einige Waffen dreieckförmig geschnittene Rillen aufweisen, sind bei der Masse der Pistolen die Rillen sauber rechtwinklig gefräst. Relativ früh, bereits ab dem Modell 1925 wird die Federführungsstange durch einen kleinen Bolzen ersetzt, der nicht mehr über eine durchgehende Bohrung vorne im Schlitten, sondern über eine Hohlnut innen an der Schlittenvorderseite zentriert.
Varianten
Es finden sich unterschiedliche Beschriftungsvarianten an der linken Seite der Liliput-Pistolen. In chronologischer Reihenfolge:
LILIPUT-KAL. 6,35
LILIPUT KAL. 6,35
„LILIPUT“ KAL. 6,35
Modell 1925
„LILIPUT“ KAL. 6,35
Modell 1926
„LILIPUT“ KAL. 6,35
Modell 1927
„LILIPUT“ KAL. 6,35
Modell I
Patentzeichnung des französischen Patents 603742.
Erste Erwähnung der Liliput Pistole im Waffenschmied vom 25. März 1924
Werbeanzeige für die Menz Schreckschusspistole aus dem Jahr 1932
Zudem wurden die Pistolen unter verschiedenen Handelsnamen im Inland und Ausland vertrieben. In Belgien finden sich die Pistolen als BIJOU. Im östlichen Ländern als ORZEL. In Deutschland wurde die Liliput auch durch die Firma Kal Bauer als "KABA" angeboten. Die Schlittenbeschriftungen hierzu lauten:
„ORZEL“ Kal. 6,35
Modell 1925
BIJOU BI No 325664
LIEGE-BELGIQUE
„KABA“ Kal 6,35
SPEZIAL
Die Griffschalen aus Hartgummi tragen zunächst ein Monogramm AM (August Menz) im Ährenkranz. Später findet sich dann die goldfarben hinterIegte Kaliberangabe 6,35 im Ährenkranz. Weiterhin gibt es ein gold-blaues Emblem mit A über M sowie eine Frauenbüste im Ährenkranz. Karl Bauer hatte ein eigenes Emblem Kaba Spezial. Nach Übernahme von Menz durch die Firma Theodor Bergmann Erben im Jahr 1938 wird als Emblem Th B Suhl mit zwei gekreuzten Pistolen verwendet. Auf der rechten Waffenseite findet sich bei diesen Pistolen die Aufschrift:
THEODOR BERGMANN ERBEN
WAFFENFABRIK
SUHL
Die Liliput gab es brüniert, vernickelt, vergoldet und graviert. Die "Luxus"-Varianten haben cremefarbene Griffschalen.
Eine Sonderform ist die Schreckschussausführung zum Verschießen von 6,35 mm Browning Patronen mit Papiergeschoss. Diese ist auf der linken Seite beschriftet mit: Nur für Schreckschuss-Patr. Cal. 6,35. Äußerlich sieht die Schreckschusspistole der scharfen Liliput zum Verwechseln ähnlich. Frühe Pistolen haben sogar eine ,,scharfe" Mündung, die jedoch nur wenig in den Schlitten hineinreicht und keine Verbindung zum Patronenlager hat. Spätere Pistolen haben dort wo die Mündung liegt nur drei kleine Bohrungen. Gemeinsam ist beiden Varianten der abgeschrägte Einschnitt im Lauf, an dem die Papierreste der Geschosse nach oben abgelenkt werden. Einige Waffen weisen dahinter eine weitere senkrechte Bohrung auf
Pistolen im Kaliber 4,25 mm Liliput finden sich mit den Beschriftungen:
,,LILIPUT" KAL 4,25
darunter: Modell 1925, Modell 1926, Modell 1927 oder Modell I.
Auch die kleinen Pistolen gab es vernickelt, vergoldet und graviert mit cremefarbenen Griffschalen, die als Emblem den Ährenkranz mit 4,25 aufweisen.
Von der Liliput (Modell I) im Kaliber 7,65 mm Browning existieren zwei \/arianten mit unterschiedlicher Zahl der Fingerrillen.
Dabei sind folgende Beschriftungsvarianten bekannt:
,,LILIPUT" KAL. 7,65
darunter: Modell 1925, Modell 1926, Modell 1927 und Modell I
Weiterhin
,,MENZ" KAL. 7,65
Modell I oder Modell II
Die Griffschalen tragen entweder das Emblem AM oder 7,65 im Ährenkranz.
Es existieren rote, grüne oder schwarze Schachteln mit goldfarbener bzw. grüner Aufschrift. Andere Schachteln sind orangebraun und weisen ein eingeprägtes
goldenes AM im Ährenkranz sowie den goldenen Schriftzug Liliput 6,35 auf. Die Liliput wurden mit Schachtel, Bedienungsanleitung und Putzstock
ausgeliefert.
Abmessungen:
Liliput 4,25 mm | Liliput 6,35 mm | Liliput 7,65 mm | |
Länge | 94 mm | 104 mm | 127 mm |
Lauflänge | 44 mm | 51 mm | 67 mm |
Höhe | 66 mm | 70 mm | 90 mm |
Breite | 17 mm | 20 mm | 23,5 mm |
Gewicht | 175 g | 270 g | 500 g |
Magazinkapazität | 7 | 6 | 7 |
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