Eine tschechische Rarität... CZ VZ1922 im Kaliber 6,35 mm Browning


Vorbemerkung: Die Informationen zur VZ1922 sind rar gesäht. Mein US Kollege Ed Buffaloe hat vor einigen Jahren einen Artikel hierzu erstellt. Im Deutschen Waffenjournal 3/1977 schrieb der Autor Tibor Dite einen mehrseitigen, recht detaillierten Artikel zur VZ1922. Die hier aufgezeigten Informationen entstammen zum Teil den beiden Artikeln, anderen frei zugänglichen Quellen sowie eigenen Beobachtungen an Realstücken. 


Die VZ1922 basiert wohl auf einer Entwicklung von Alois Tomiška, der uns in anderem Zusammenhang als Konstrukteur der "Little Tom" Taschenpistole bekannt geworden ist. Tomiška wurde am 12. Februar 1867 in Pardubitz in Österreich-Ungarn (heute Tschechien) geboren und folgte der Tradition seiner Familie, indem er den Beruf des Büchsenmachers erlernte. 1912 tauchte er in einem Patent als Werkmeister der Wiener Waffenfabriksgesellschaft m.b.H. (WWF) auf. Von 1915 bis 1918 arbeitete Tomiška als Werkmeister bei der Österreichische Industriewerke Warchalovski, Eisseler & Co. AG in Wien. Noch 1918 ging er zu Skoda nach Pilsen, wo er bis 1920 in der Abteilung für Visiereinrichtungen tätg war. Im April 1920 beteiligte sich Tomiška an der Firma Jihoceská Zbrojovska (Südböhmische Waffenfabrik), fungierte zunächst als deren technischer Direktor, aber verließ das Unternehmen wegen Streitigkeiten Mitte 1923. In Pilsen gründete Tomiška 1923 eine eigene Firma, die 1928 Restbestände der WWF aufkaufte. Später arbeitete Tomiška bei den Waffenwerken Brünn (Ceska Zbrojovka) als Konstrukteur. Er starb am 29. Dezember 1946 in Prag. Tomiška war damit einer der Hauptakteure in der frühen Entwicklung tschechischer Handfeuerwaffen.

1922 - also während Tomiškas Wirken - entstand bei der Firma Jihoceská Zbrojovska die sogenannte FOX-Pistole. Sie ist eine ungewöhnliche Konstruktion mit einem Klappabzug ohne Abzugsbügel. Doch bereits kurze Zeit später, so berichtet Tibor Dite, wurde bei CZ der technische Leiter A.P. Zalubovskyi mit der Neugestaltung der FOX beauftragt. Auslöser für die Überarbeitung war eine Bestellung des tschechischen Militärs über 10.000 Pistolen in 6,35 mm Browning. Und während bislang tschechische Pistolen wohlklingende Namen wie Praga, Perla, Mars oder Fox trugen, entschied man sich bei der vom Militär eingeführten Pistole für die Bezeichnung VZ1922.

Die Produktion der VZ1922 soll zwischen 1922 und 1928 erfolgt sein. Ob aber wirklich 10.000 Pistolen hergestellt wurden, kann nicht mit Sicherheit bestätigt werden. Dite erwähnt eine Pistole mit Seriennummer 9268, die im Jahr 1927 geprüft wurde. Die mir vorliegende Pistole mit Seriennummer 95xx wurde im Jahr 1925 beschossen. 

Technik

Die VZ1922 besitzt ein einfaches Schlagbolzenschloss. Auf dem Griffstück sitzt eine feste Hülse aus Blech, die als Verschlussgehäuse dient. In dieser Hülse gleitet das Verschlusstück mit Laufmutter, Lauf, Schließfeder, Schlagbolzen, Schlagbolzenfeder, deren Führungsstift und dem Auszieher. Zusammengehalten wird die Pistole durch einen quer zur Schussrichtung sitzenden Block, der in die Nut des Laufs eingreift. Das Verschlusstück ist im hinteren Teil geriffelt, um dieses besser fassen und die Pistole damit fertig laden zu können. Auf der rechten Seite befindet sich eine außenliegende Übertragungsstange, die den Abzug mit dem Abzugsstollen verbindet. Das Magazin hat einen verstärkten Boden und einer Art Schraubendreher-Klinge an dessen Vorderseite. Zum Zerlegen der Pistole drückt man mit dem Magazin den (vermutlich aus Federstahl) gefertigten Block von unten nach oben und hebelt diesen dann nach links aus dem Griffstück heraus. Damit wird die Verbindung zum Lauf gelöst und das gesamte Verschlussstück lässt sich dann nach vorne entnehmen. Als Visierung dient eine Visierrinne.


Varianten und Beschriftung

Dito und auch im Pawlas Pistolenatlas sind zwei Varianten der VZ1922 aufgeführt - früh und spät. 

Die frühe Variante hat glatte Nussbaumgriffschalen mit einem runden Messingemblem mit den Buchstaben CZ, zwischen Abzug und Rahmen bleibt ein kleiner Spalt. Bei der späteren Variante ist dieser Spalt nicht mehr vorhanden und sie hat Griffschalen aus dunkelbraunem oder schwarzen Kunststoff mit CZ-Logo.

 

Die Pistolen tragen auf der linken Seite die Beschriftung:


ČESKÁ ZBROJOVKA AKC. SPOL. V PRAZE


Ebenso soll es Pistolen folgender Beschriftung geben:

BÖHMISCHE WAFFENFABRIK A.G. IN PRAG

und

NIMROD-AUTOMATIC


Ein Realstück konnte ich aber bislang nicht ausmachen. 


Links in der Nähe der Mündung findet sich die Beschussnummer und das Beschussjahr. Die Seriennummer ist auf der rechten Seite in Mündungsnähe eingeschlagen. Die Beschusszeichen finden sich links auf dem Gehäuse und rechts vorne am Griffstück.

Das Magazin hat einen massiven Boden, an dem die Seitenteile des Magazins angestiftet sind. Das Magazin dient, wie oben beschrieben, gleichzeitig als Zerlegehilfe. 


Technische Daten

Eine in die wesentlichen Bauteile zerlegte VZ1922.

Modell

Länge

Breite

Höhe

Lauflänge

Gewicht

Patronen

Seriennummern

VZ1922

123 mm

22 mm

78 mm

 63 mm

390 g

6

1 - 10000 (?)

CZ VZ1922
Linke Seite der VZ1922. Die Seriennummer um 9500 deutet an, dass es tatsächlich bis zu 10.000 dieser Pistolen gegeben haben könnte.
CZ V1922
Erkennbar das ungewöhnlich hoch, rechts oben im Gehäuse sitzende Auswurffenster.
CZ V1922 zerlegt
Erkennbar ist hier das Verschlussstück mit den Einzelteilen und die Hülse auf dem Griffstück.
CZ V1922
Griffstück mit der Verschlusshülse.
CZ V1922
Das Magazin hakt von unten in den Laufhalteblock ein. Nun drückt man den unteren Arm des Blocks nach oben und zieht den Block nach links aus der Waffe heraus.
CZ V1922
Magazin als Zerlegehilfe mit dem verstärkten Boden.
CZ V1922
Verschlussstück und Lauf mit seinen Nuten, in die der Block eingreift. Auf dem Lauf und der Innenseite zu sehen: ein neuzeitlicher, bundesdeutscher Beschuss.
CZ V1922
Abzugsstollen. Die Pistole hat einen dezent angebrachten deutschen Neubeschuss. Erkennbar auch die Visierrinne.
CZ V1922
Die Mündungsmutter hält mit den beiden Nasen im Verschlussstück.