Walther Polizei-Pistole Kriminal (PPK und PPK-L), Nachkriegsfertigung


Vorbemerkung: Kaum eine Pistole ist so legendär wie die Walther PPK. Sie tat Dienst bei vielen Sicherheitsbehörden, wurde zum Selbstschutz und als Fangschusswaffe getragen, dient Schützen als Sportwaffe, war Werkzeug und Tatwaffe bei politischen Ereignissen und war der Star in zahlreichen Agentenfilmen. Mitunter ist sie der Archetyp einer Taschenwaffe. Der Autor Gerhard Bock schreibt in seinem Buch Moderne Faustfeuerwaffen und ihr Gebrauch von 1941, dass er bereits 1919 beschrieben habe, wie sich der Gebrauchswert einer Taschenwaffe wesentlich verbessern ließe. "Erst mit der Einführung der PPK sei eine diesen Forderungen gerechtwerdene Konstruktion im Handel erschienen". Was macht diese Pistole also so vollkommen und erfolgreich? Der PPK gebührt ein genauerer Blick.

Generell sei anzumerken, dass wer sich für Kurzwaffen der Fa. Walther interessiert, im deutschsprachigen Raum kaum am Fachautor Dieter H. Marschall vorbei kommt. In seinem Buch Walther Verteidigungspistolen gibt er einen detaillierten, hervorragenden Überblick über die Modelle 1 bis PPX. Zur Geschichte von Walther im Allgemeinen empfehle ich das Buch Walther - Eine deutsche Legende von Manfred Kersten. Naturgemäß gibt die lange Produktionszeit der Walther PPK (Polizei-Pistole Kriminal) von 1931 bis 2003 viel Stoff, um sich über Modellvarianten und technische Veränderungen auszulassen. Wer sich tatsächlich bis ins letzte Detail mit der PPK beschäftigen will, dem sei Das Marschall Buch ans Herz gelegt. Neuerdings bietet die Carl Walther GmbH die PPK, hergestellt bei  Walther Arms USA, wieder an. Man kann also wieder fabrikneue PPK kaufen. Die PPK wird damit über 90 Jahre lang, mit einigen Unterbrechungen, im Wesentlichen unverändert produziert. Vergleichbares im Bereich der Taschenpistolen kennt man nur von der FN Baby. Aber es gibt eben Designs, die sind zeitlos. 

Die gesamte, detaillierte Geschichte der PPK würde hier den Rahmen sprengen. Da verweise ich auf die bereits erwähnte Literatur. Ich beschränke mich diesen Monat auf die PPK und PPK-L aus der Walther / Manurhin Nachkriegsfertigung.

Geschichte

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Flucht aus Zella-Mehlis begannen die Walthers bereits im Jahr 1946 mit der Produktion von Rechenmaschinen in Heidenheim an der Brenz. Der sich hieraus entwicklende Bereich "Büromaschinen" wurde schließlich von Georg Walther übernommen. Da Fritz Walther sein Hauptinteresse jedoch weiterhin im Waffenbau sah, nutzte er die Gelegenheit und begann ab 1950 mit der Produktion von Luftdruckwaffen am Standort Ulm. Aufgrund der Restriktionen der Besatzungsmächte war an eine Produktion von Feuerwaffen zunächst nicht zu denken und so erteilte Walther im Oktober 1952 die Rechte zur Nutzung der Patente der PP und PPK an die französische Firma Manufacture De Machines Du Haut-Rhin (Manurhin). Erste PP liefen dort ab 1952, PPK ab 1954 vom Band. Mit sich lockernden rechtlichen Rahmenbedingungen begann Walther ab 1953 dann auch wieder mit der Produktion von Teilen zur Komplettierung der PP und PPK Lizenzproduktion. Marschall unterstreicht, dass bis Ende 1985 alle PP und PPK bei Manurhin gefertigt wurden. Diejenigen PP und PPK, die Manurhin selbst vermarktete, erhielten eine Manurhin Verschlussbeschriftung. Die Verschlussstücke für Walther wurden aus Frankreich weißfertig und ungehärtet zusammen mit Griffstücken nach Ulm geliefert, woraus dann komplette Waffen mit Walther-Beschriftung hergestellt wurden. Im Jahr 1985 erfolgte der Bruch mit Manurhin und Walther fertigte fortan die Teile in Eigenregie.

Nachkriegs PPK wurden in den Kalibern .22 lr, 7,65 mm Browning und 9mm kurz angeboten. Die Seriennummern der PPK begannen bei 100001 (7,65 mm Browning), 100305 (9mm kurz) und 100055 (.22 lr). Alle PPK, egal ob mit  Manurhin- oder Walther-Beschriftung, sind im gleichen Seriennummernbereich gefertigt. Die Unterscheidung nach Kaliber erfolgte durch einen Zusatzbuchstaben "A" bei 9mm kurz und "LR" bei .22 lr. Erst mit Beginn der kompletten Eigenfertigung stellte Walther auf einen neuen Seriennummernbereich (ab 800001) um und die Zusatzbuchstaben entfielen. Die bekannten Buchstaben "R", "W" oder "D" wurden, so vermutet Marschall, bei versehentlichen Doppelvergaben von Nummernbereichen aufgebracht.


Technik und Patente

Bei der Walther PPK handelt es sich um eine Selbstladepistole mit Spannabzug (SA/DA) und außenliegendem Hahn. Der Hahn hat einen runden Kopf, der kräftig gerauht und als Rückspringhahn ausgeführt ist. D.h. bei losgelassenem Abzug steht der Hahn etwas zurück und liegt nicht am Schlagbolzen an. Die PPK hat einen einfachen Feder-Masse-Verschluss und einen fest mit dem Griffstück verbundenen Lauf. Die Schließfeder läuft auf dem Lauf, der damit auch als Federführungsstange dient. Der Sicherungshebel ist mit einer Sicherungswelle nach dem DRP 578765 verbunden, die in der gesicherten Position verhindert, dass der Schlaghahn den Schlagbolzen erreichen kann. Zudem besitzt die PPK eine Fallsicherung. Dabei wird das Auftreffen des Schlagbolzens auf das Zündhütchen durch eine Sperrklinke verhindert, die sich erst bei Betätigung des Abzugs senkt. Gleichzeitig wirkt der Sicherungshebel als Entspannhebel, indem er beim Einlegen der Sicherung den Schlaghahn entspannt (DRP 520437). An der Rückseite des Verschlussstücks tritt ein Stift aus dem Gehäuse, der als Ladeanzeiger dient.


  • DRP578765: Selbstladepistole, angemeldet am 7. November 1930

                                Ergänzung zum Patent 433937, Walzensicherung.

  • DRP520437: Hahnschloss für Selbstladepistolen, angemeldet am 11. März 1931

                                Umsetzung der Sicherung als Entspannhebel.


    Der Magazinhalter liegt oben als Druckknopf an der linken Griffstückseite. Die 60°-Drehhebelsicherung weist einen schmalen Sicherungsflügel mit fünf Griffrillen auf. An der Unterseite des Griffstücks befindet sich eine feste Fangriemenöse, die zugleich als Widerlager für die Schlagfeder dient. 


    Varianten

    Im Laufe der Produktion zwischen 1954 und 2003 kam es nur zu wenigen Änderungen. Ab 1968 führte Walther eine größere, kastenförmige Kimme und ein dickeres Korn ein. Beide werden mit Kontrastfarbe hinterlegt. 1971/1972 erhält der Schlagbolzen am Ende eine kugelförmige Verdickung, anstatt der vorher verwendeten eckigen, seitlichen Warze. Sicherungswelle und Rastbolzen werden entsprechend angepasst. Die Änderung erfolgte ab Seriennummer 271511 (7,65 mm Browning) bzw.  163027A (9mm kurz). 1973/1974 entfällt eine Abschrägung im unteren Drittel des Hahnsperrstücks. 1986 wird das Griffstück leicht verändert und die beidseitige Fase an der Griffstückunterseite im Bereich des Abzugsbügels entfällt (ab Seriennummer 810000).

    Es finden sich folgende Beschriftungen auf der linken Seite des Verschlussstücks:

    Alternativ finden sich die Kaliberbezeichnungen 9mm kurz bzw. .22 l.r.


    Die von Manurhin gefertigten Pistolen sind wie folgt beschriftet:


    Alternativ zur 7,65 mm Browning findet sich die Beschriftung 9mm kurz bzw. .22 L.R.


    Zwischen 1954 und 1982 bot Walther auch Pistolen mit Leichtmetallgriffstück in den Kalibern 7,65 mm Browning und .22 lr an. Das Gewicht reduzierte sich von 590g auf 480g. Diese Pistolen haben einen langen Griffsporn. Standardmäßig wurden diese Pistolen in der Schlittenbeschriftung mit einem "L" gekennzeichnet. Der Seriennummenbereich der PPK-L ist 500001 bis 533640. Es wurden genau 33.640 Stück gefertigt.

    Das Verschlussstück ist links wie folgt beschriftet:

    Händlerpreisliste aus dem AKAH Katalog 1959.

    Werbeanzeige zur PPK aus dem Jahr 1972. Man beachte die Preise im Vergleich zu den Konkurrenzmodellen.

    Patentzeichnung des Deutschen Reich Patents 578765 zur Walzensicherung und zur Sperrklinke (Nr. 5 und 19)

    Schnittzeichnung der PPK

    Änderung 1968: Kimme und Korn werden verbreitert und mit Kontrastfarbe hinterlegt.

    Bei den Manurhin Pistolen mit Leichtmetallgriffstück ist lediglich die die Schachtel mit "Dural" kenntlich gemacht. Sie weisen ansonsten keine spezielle Kennzeichnung gegenüber den Pistolen mit Stahlgriffstück auf.


    PPK Magazine im Kaliber 7,65 mm Browning zeigen links entweder die Walther Schleife oder das Manurhin-Emblem, die Modellbezeichnung sowie das Kaliber "7,65 mm". Die Magazine haben sechs Sichtlöcher. Auf den Manurhin Magazinen findet sich manchmal rechts noch "Made in France". 9mm kurz Magazine haben links am Magazinkörper eine Längsrippe, um Verwechslungen zur vermeiden. Sie haben nur fünf Sichtlöcher. .22er Magazine haben links einen Knopf als Ladehilfe und keine Sichtlöcher. Das einzelne Loch dieser Magazine hat lediglich konstruktive Hintergründe, schreibt Marschall. Magazinverlängerungen finden sich aus braunem und schwarzen Kunststoff.


    Die PPK haben in der Regel zweiteilige, braun-mellierte Griffschalen aus Kunststoff. Am oberen Rand weisen sie die Walther Schleife oder den Manurhin Schriftzug auf. Ab 1980 folgten schwarze Griffschalen. Für den Export gekennzeichnete Griffschalen haben am unteren Rand den Schriftzug MADE IN GERMANY. Bei den von Manurhin vertrieben Pistolen steht unten auf den Griffschalen: LIC. WALTHER. PPK. Gegen Aufpreis waren auch weiße Griffschalen zu haben. Diese Griffschalen, wie auch solche aus Elfenbein oder Holz mit Verschneidung, finden sich jedoch meist nur bei gravierten PPK. 


    Die Pistolen wurden zunächst in einer rötlich-braunen Pappschachtel mit Schlangenhautoptik und Walther-Schriftzug ausgeliefert. Um 1970/71 nutzte Walther für kurze Zeit eine hellbraune, glatte Schachtel. Spätestens um 1973 folgten dann schwarze Kunststoff-Klappboxen. Die Schachteln enthielten Anleitung, Werkschussbild, Putzstock und ein Ersatzmagazin. 


    Die Gesamtproduktion belief sich zwischen 1954 und 2003 auf rund 633.000 Pistolen mit Stahlgriffstück und 33.640 Pistolen mit Leichtmetallgriffstück.

    Unterschiedliche Magazine und Magazinböden. Links und Mitte ein .22er Magazin. 

    Abmessungen:


    Länge

    Lauflänge

    Höhe

    Breite

    Gewicht

    Magazinkapazität

    Modell PPK

    155 mm

    83 mm

    99 mm

    30 mm

    590 g

    6/7

    Modell PPK-L

    155 mm 

    83 mm

    99 mm

    30 mm

    480 g

    6/7

    Frühe Walther PPK . 22lr mit Stahlgriffstück
    Frühe .22er PPK aus 1964 mit Stahlgriffstück und braun melliertem Magazinschuh.
    Frühe Walther PPK .22lr mit Stahlgriffstück
    Das Kaliber ist am Zusatz hinter der Seriennummer zu erkennen, hier LR.
    Frühe Walther PPK mit Stahlgriffstück
    PPK aus 1967 im Standradkaliber 7,65 mm Browning.
    Frühe Walther PPK-L
    PPK-L im Kaliber .22 l.r. aus dem Jahr 1967. Eindeutig Leichtmetall: das L in der Beschriftung des Verschlussstücks.
    Walther PPK-L in 7,65 mm Browning
    PPK-L aus dem Jahr 1969 in 7,65 mm Browning. Diese Pistole ist noch ohne Exportkennzeichnung. Jetzt mit schwarzem Magazinschuh.
    Walther PPK mit Exportkennzeichnung
    PPK aus dem Jahr 1973. Exportkennzeichnung MADE IN GERMANY auf Griffschalen und in der Beschriftung des Verschlussstücks.
    Manurhin PPK 7,65 mm Browning
    PPK von Manurhin aus dem Jahr 1956 im Kaliber 7,65 mm Browning.
    Manurhin PPK .22 lr
    Eine Manurhin PPK im Kaliber .22 lr
    Walther PPK Schachtel einer .22er Pistole
    Rötlich-braun mellierte Schachtel mit Schlangenlederoptik.
    Manurhin PPK Schachtel
    Schachtel einer Manurhin PPK aus dem Jahr 1956
    Walther PPK Schachtel 1973
    Späte Schachtel als Klappdeckelbox aus schwarzem Kunststoff. Diese hier ist aus 1973.
    Walther PPK in Box
    Die PPK kommt mit Schussbild, Anleitung, Reinigungsbürste, Putzstock und Ersatzmagazin.
    Walther PPK Anschussscheibe
    Gutes Trefferbild. Das Herstellungsjahr ist eindeutig am Datum zu erkennen.
    Walther PPK Anleitung
    Eine für alle. Die Anleitung für PP und PPK ist die gleiche.
    Anleitung Manurhin PPK
    Auch auf französicher Seite: Eine für alle. Die Kennzeichnung für die entsprechende Pistole erfolgte hier mit einem "X".
    Walther PPK Explosionszeichnung
    Explosionszeichnung der PPK