Langenhan, Modell II
Vorbemerkung:
2021 veröffentlichte mein US-Sammlerkollege Ed Buffaloe hier einen umfangreichen Artikel zu den Pistolen der Firma Friedrich Langenhan Gewehr- und Fahrrad-Fabrik. Ich hatte zu diesem Artikel mit umfangreichen Recherchen in deutschen Quellen beigetragen und stelle einige der Erkenntnisse nun dem deutschsprachigen Publikum vor.
Dabei ist das Modell II nicht unbedingt eine Erfolgsgeschichte. Denn zu den Langenhan Modellen II und III schrieb der zeitgenössische Autor und Kritiker Gerhard Bock im Jahr 1923 in Moderne Faustfeuerwaffen und ihr Gebrauch: "Beim Zusammensetzen vergesse man nicht den Hebel wieder richtig nach vorne zu legen, da einem sonst beim Schuß das Verschlussstück ins Gesicht fliegen kann!" Nicht unbedingt eine gute Werbung für Langenhan und vielleicht auch deshalb sind die Modelle II und III vergleichsweise selten auf dem Sammlermarkt anzutreffen. Es lohnt also ein genauerer Blick.
Grundlage für diesen Artikel sind die Recherchen zum o.g. Artikel, zeitgenössische Quellen sowie die Untersuchung von Realstücken.
Geschichte der Friedrich Langenhan Gewehr- und Fahrrad-Fabrik
Die Geschichte der Friedrich Langenhan Gewehr- und FahrradFabrik geht zurück auf das Jahr 1842. Valentin Friedrich Langenhan (geb. 10. Juni 1819) hatte bereits mit seinem Vater Johann Gottlieb Langenhan Gewehrteile und Zubehör gefertigt. 1842 gründete Friedrich einen eigenen Betrieb in Mehlis und fertigte ebenfalls Waffen und Waffenteile. 1885 übernahm sein Sohn Herrmann die Fabrik.
Das Portfolio von Langenhan umfasste Groß- und Kleinkaliberbüchsen, Revolver, Leuchtpistolen sowie Luftgewehre und -pistolen. 1894 erweitere Langenhan die Produktpalette recht erfolgreich auf Fahrräder. Bis zum Ersten Weltkrieg stieg die Zahl der Mitarbeiter auf 310 an. Als erfolgreicher Geschäftsmann wurde Langenhan mit dem Titel Kommerzienrat ausgestattet und war u.a. auch im Vorstand der Staatlichen Beschussanstalt in Zella. Hermann Langenhan starb 1929 und die Firma wurde in einen Kommanditgesellschaft unter Kontrolle der Erbengemeinschaft, Witwe und Kinder, umgewandelt. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Firma in einen volkseigenen Betrieb überführt, Die Brüder Fritz und Ernst Langenhan siedelten in den Westen über.
Bereits zu Beginn des Ersten Weltkriegs legte Langenhan mit dem Modell I im Kaliber 7,65 mm Browning den Grundstein für das spätere Modell II.
Mit dem Anstieg des kriegsbedingten Bedarfs an Kurzwaffen stellte Langenhan eine Selbstladepistole, die sog. Armeepistole, vor. Hierzu meldete er am 21. Oktober 1914 ein Gebrauchsmuster an (DRGM 625263), das am 10. März 1915 veröffentlicht wurde. Ein zweites Gebrauchsmuster wurde am 28. Juni 1915 eingereicht und am 21. Juli 1915 veröffentlicht. Die Pistole wurde am 15. Juni 1915 in der Zeitschrift "Schuß und Waffe" ausgiebig vorgestellt. Hiernach habe die Firma Fritz Langenhan eine neue Pistole als "F.L. Selbstlader" vorgestellt, "die Schussleistung ist gut. An der Funktion [...] war nicht auszusetzen." Erste Werbeanzeigen für die Pistole finden sich sogar schon ab März 1915 im Magazin "Der Waffenschmied" , wo die Pistole zunächst als Modell 1915 bezeichnet wird.
Im Armee-Verordnungsblatt, 51. Jahrgang, vom 11. August 1917, wird die Langenhan Pistole zum Preis von 33 Mark für den Verkauf an Offiziere, Beamte und Militärpersonen angeboten.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs brach die Nachfrage nach Waffen deutlich ein. Unternehmen suchten nach Alternativen und verlagerten den Fokus auf die Produktion ziviler Waffen, u.a. auch Taschenpistolen im Kaliber 6,35 mm Browning. Langenhan verkleinerte das Modell I und brachte um 1920 zunächst das Modell II und dann ein weiter verkleinertes Modell III heraus.

Firmengründer Friedrich Langenhan (l.) und Sohn Hermann (r.)

Werbeanzeige, Der Waffenschmied, vom 25 März 1915. Die F.L. Selbstladepistole, Modell 1915.

Beschreibung und Technik
Beim Langenhan Modell II handelt es sich um eine Selbstladepistole mit Masse-Verschluss und Schlagstückschloss im Kaliber 6,35 mm Browning. Die Pistole besteht aus dem Griffstück, in das der Lauf fest eingebunden ist, dem Federgehäuse und dem Verschlussstück. Das Federgehäuse wird von vorne über den Lauf geschoben. Er enthält die Schließfeder und den gefederten Zerlegehebel und trägt vorne das Korn. Das Verschlussstück enthält den Schlagbolzen und ist von hinten in Führungsnuten in das Griffstück eingeschoben. Es wird durch die halbmondförmige Welle des Zerlegehebels in seiner Position gehalten. Das Verschlussstück hat an seinem hinteren Ende die Kimme.
Am Griffstück verläuft auf der rechten Seite unterhalb der Griffschale die Abzugsstange. Diese ist fest mit dem Abzug verbunden und stößt gegen eine Schräge des Griffstücks. Wird der Abzug betätigt, so gleitet die Abzugsstange entlang dieser Schräge nach unten und erreicht so den Abzugsstollen. Der Sicherungsflügel liegt hinten links am Griffstück und wirkt direkt auf den Schlaghahn.
Die Griffschalen aus Holz oder Kunststoff sind jeweils mittels einer zentralen Schraube mit dem Griffstück verbunden. Das Magazin fast sieben Patronen, hat auf der rechten Seite sieben, auf der linken Seite ein Sichtloch zur Füllstandskontrolle.
Standardmäßig war die Pistole brüniert erhältlich.

Varianten
Die Varianten des Modell II erschöpfen sich im Material der Griffschalen (Holz vs. Kunststoff) sowie
die Beschriftung des Verschlusstücks:
Langenhan 6,35
bzw.
Langenhan 6,35 Mod.II
Exportwaffen wurden mit "GERMANY” oder “Made in Germany” markiert.
Der unsichere Zerlegehebel wurde bei späteren Ausführungen durch eine Buchschraube (Chicagoschraube) ersetzt.
Fazit:
Das Modell II ist eine formschöne Taschenpistole, der jedoch aufgrund der unsicheren Konstruktion kein großer Erfolg vergönnt war. Auch war sie hinsichtlich der Gesamtkonstruktion zum Zeitpunkt des Erscheinens bereits überholt und konnte sich wohl nicht mehr gegen die Konkurrenz anderer Hersteller durchsetzen.
Technische Daten
Beschreibung der Modelle II und III in Gerhard Bock, Moderne Faustfeuerwaffen und ihr Gebrauch, 1923.
Länge | Lauflänge | Höhe | Breite | Gewicht | Magazinkapazität | Seriennummern-bereich | |
Modell II | 144 mm | 80 mm | 103 mm | 25 mm | 485 g | 7 | 1 bis 62.500 |
Copyright © All Rights Reserved